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Politik: Der CDU-General adelt die Rüttgers-Idee

Pofalla weist SPD-Kritik am Vorschlag zum Arbeitslosengeld I zurück: „In die CDU-Programmatik lassen wir uns nicht hineinreden“

Von Robert Birnbaum

Berlin - Ronald Pofalla ist nicht bekannt für ausgeprägtes Mienenspiel, aber diesmal macht der CDU-Generalsekretär den Eindruck eines durchaus schadenfrohen Menschen. Es geht, wieder einmal, um Jürgen Rüttgers’ Parteitagsantrag zum Arbeitslosengeld I. In der CDU selbst ist er hoch umstritten. Die SPD aber läuft dagegen regelrecht Sturm. Noch am Mittwoch rügt Fraktionschef Peter Struck wieder die Rüttgers-Initiative als „Sauerei“. Pofalla nennt derlei Empörung „bemerkenswert“. Offenbar scheue die SPD das Thema „wie der Teufel das Weihwasser“. Der CDU-Parteitag in zwei Wochen in Dresden werde aber diesen Antrag mit großer Mehrheit beschließen: „In die Programmatik der Christlich-Demokratischen Union lassen wir uns von keinem Sozialdemokraten hineinreden.“

„Programmatik“ ist ein starkes Wort. Sollten noch Zweifel daran bestanden haben, dass die CDU-Spitze den umstrittenen Antrag in Dresden wohlwollend passieren lassen wird, dürften sie damit ausgeräumt sein. Zumal an anderer Stelle, in Düsseldorf, am gleichen Tag der Urheber der ganzen Aufregung alles dafür tut, die Widerstände in der eigenen Partei zu vermindern. Die Kritiker in der CDU hatten Rüttgers im Verdacht, er ziele gar nicht auf eine Revision von Hartz IV, sondern auf eine Generalrevision des Leipziger Reformkurses. Das Reizwort „Gerechtigkeit“ fällt in Rüttgers’ Rede vor dem Landtag diesmal aber nur am Rande. Dafür spricht der NRW-Regierungschef jetzt von einer „praktikablen“ Regelung, die er an die Stelle einer alten setzen wolle, die sich nicht so recht bewährt habe. „Man kann doch klüger werden“, sagt Rüttgers.

Das Ja des Parteitags rückt also näher; zumal Pofalla im Archiv nicht nur gefunden hat, dass Rüttgers’ Antrag wortgleich einem Beschluss des Düsseldorfer Parteitags von 2004 entspricht, sondern inhaltlich auch im Wahlprogramm 2005 vorkam und obendrein schon 2003, zu Oppositionszeiten, in einem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion.

Der ist insofern auch heute noch eine interessante Lektüre, als er auf die bisher von Rüttgers nicht beantwortete Frage zumindest einen Hinweis gibt, wie dessen Pläne finanziert werden könnten. Rüttgers will Arbeitslosen, die schon sehr lange in die Arbeitslosenkasse eingezahlt haben, ein halbes Jahr länger in den Genuss des Arbeitslosengelds I (ALG I) kommen lassen. Das kostet nach Berechnungen des Arbeitsministeriums, die Pofalla als korrekt bestätigt, rund 700 Millionen Euro mehr als die heutige Regelung, die einen längeren ALG-I-Bezug ans Lebensalter knüpft. In dem Entwurf von 2003 forderte die CDU/CSU, das Arbeitslosengeld im ersten Monat um 25 Prozent zu kürzen. Ob daran auch jetzt gedacht ist? Pofalla winkt ab: Finanzdaten müsse der Antragsteller beibringen. Auch auf die Frage, ob nicht eine Umstellung des Systems zu Lasten der Jungen geht, schweigt der General. Die würde ja möglicherweise auch etwas unangenehm ausfallen. Wenn die Beitragsdauer entscheiden würde, wie lange Arbeitslosengeld gezahlt wird, hat eine Gruppe nie die Chance auf Höchstsätze: Ex-DDR- Bürger, die gar kein Leben lang Beiträge nach Nürnberg zahlen konnten.

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