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Politik: Der Dreierbund

Putin, Schröder und Chirac treffen sich in St. Petersburg – Annan kommt lieber nicht

Saddam Husseins Regime ist offenbar am Ende – doch die Debatte darüber, wie ein Nachkriegs-Irak aussehen könnte, hat gerade erst begonnen. US-Präsident George W. Bush und Großbritanniens Premier Tony Blair haben sich bei ihrem Gipfel auf eine entscheidende Rolle der UN beim Wiederaufbau verständigt. Eine Art Gegengipfel zum Belfaster Treffen hat Russlands Präsident Wladimir Putin nun in St. Petersburg zusammengerufen. Am Freitag wird Putin dort mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatschef Jacques Chirac zusammentreffen. Schröders Besuch in St. Petersburg war ohnehin schon lange geplant. Der Kanzler will mit Putin beim „Petersburger Dialog“ sprechen, einem deutsch-russischen Gesprächsforum. Doch kurzfristig lud Putin noch Chirac dazu. Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn trifft sich damit das Dreierbündnis der Kriegsgegner.

Der Kreml hatte außerdem UN-Generalsekretär Kofi Annan zu dem Gipfel gebeten – doch der sagte schnell wieder ab. Ein Treffen mit den drei erklärtesten Kriegsgegnern erschien ihm dem Vernehmen nach als politisch zu heikel. Annan reist in der kommenden Woche zum EU-Erweiterungsgipfel nach Athen, um mit den Europäern über den Nachkriegs-Irak zu sprechen.

US- Kommentatoren fürchten, dass es zu einem neuen Streit zwischen dem Dreierbündnis sowie Washington und London kommen könnte. Deutschland, Frankreich und Russland wollen den Wiederaufbau des Irak unter dem Dach der UN organisiert sehen – und meinen damit nicht allein die humanitäre Hilfe, sondern auch die Neuordnung von Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Doch die USA haben längst ein Schattenkabinett für Bagdad aufgestellt. Bushs Zusage vom Belfaster Gipfel geht daher zumindest den Franzosen nicht weit genug: Chirac betonte, der Wiederaufbau müsse die alleinige Aufgabe der UN sein. Der Kreml hielt sich jedoch mit einem Kommentar auffallend zurück. Aber in Moskau mehren sich die Stimmen, die vor einer amerikanischen Vormachtstellung im Mittleren Osten warnen.

Russlands Präsident, von dem die Initiative zu dem Treffen ausging, ist durch den Irak- Krieg in eine schwierige Lage geraten. Die neue Partnerschaft mit den USA will Putin nicht gefährden – und hat das Verhältnis doch durch das Anti-Kriegs-Bündnis mit Berlin und Paris belastet. Putin hat sich von der neuen Partnerschaft jedoch keineswegs verabschiedet. Noch als er sich bei seinem Besuch in Berlin im Februar hinter die deutsch-französische Position stellte, warnte er eindringlich vor Antiamerikanismus. Im eigenen Land sitzt Putin zwischen den Stühlen: Auf der einen Seite die Hardliner, die Putins Westkurs ohnehin mit Widerwillen betrachten, und auf der anderen Seite die liberalen Politiker, die vor einer diplomatischen Konfrontation mit den USA gewarnt hatten.

Putin bekräftigte in einem Telefonat mit Bush, der Dialog der beiden Länder müsse weitergehen. Die Amerikaner warben in den vergangenen Tagen verstärkt um Moskaus Unterstützung: Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice betonte, wie wichtig für Washington weiterhin die Partnerschaft mit Moskau sei. Und ein US-Diplomat stellte Russland eine Chance auf Teilhabe am Wiederaufbau in Aussicht, wenn es eine „konstruktive“ Position einnehme – an der Seite der USA.

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