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Politik: Der einsame Minister

Wirtschafts- und Finanzressort billigen die Boni für Bahn-Manager – und Tiefensee steht weiter im Regen

Berlin - Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ist mit seiner Kritik an Bonuszahlungen für den Bahn-Vorstand innerhalb der Regierung isoliert. Mit einer Ablösung im Amt muss er allerdings nicht rechnen – zumindest dann nicht, wenn es ihm gelingt, den Ärger innerhalb der Koalitionsfraktionen, besonders unter den Verkehrsexperten, zu besänftigen. Tiefensee selbst sagte am Montag zwei öffentliche Termine ab.

Die Sprecher des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums sagten am Montag in Berlin, ihre Ministerien würden die Entscheidung, dem Vorstand im Fall eines erfolgreichen Börsenganges Boni zu zahlen, billigen. Dem Aufruf Tiefensees an die Bahn-Manager, freiwillig auf die Zahlungen zu verzichten, schlossen sich diese Ressorts nicht an. Vertreter aller drei Ministerien sitzen im Aufsichtsrat der Bahn. Im Personalausschuss des Gremiums, in dem über die Vergütung der Manager entschieden wird, sitzt jedoch nur der Vertreter des Verkehrsministeriums.

Trotz seiner Isolierung will sich Tiefensee mit seiner Position, die Millionen- Boni für Hartmut Mehdorn und Co. abzuschaffen, durchsetzen. Tiefensees Sprecher Rainer Lingenthal sagte am Montag, der Minister erwarte von einer Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand des Unternehmens eine einvernehmliche Lösung. Im Klartext: Tiefensee erwartet, dass Mehdorn von sich aus auf den Bonus verzichtet. Doch die ursprünglich für diesen Donnerstag beantragte Sondersitzung des Bahn-Aufsichtsrats wurde am Montag abgesagt. Da der Teilbörsengang der Bahn ohnehin ausgesetzt sei, so Aufsichtsratschef Werner Müller, reiche es völlig aus, wenn sich das Gremium auf seiner nächsten regulären Sitzung am 10. Dezember noch einmal mit dem Thema befasse. Eine schnelle Rücknahme des Bonusprogramms ist somit nicht in Sicht.

Spekulationen darüber, ob und wann Tiefensee aus dem Amt entfernt werde, trat Vizeregierungssprecher Thomas Steg am Montag entschieden entgegen. Über den Wechsel an der Spitze im Bundeslandwirtschaftsministerium hinaus seien keine Veränderungen im Kabinett geplant, sagte Steg. Es gebe in der Regierung auch keine Diskussion, ob Bahn- Chef Hartmut Mehdorn und der Vorsitzende des DB-Aufsichtsrats, Werner Müller, „an der richtigen Stelle sind“. „Kantige Personen“ würden benötigt, hieß es. Die Frage, ob sie „noch das Vertrauen besitzen“, habe auch in den letzten Gesprächen Tiefensees mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) keine Rolle gespielt. „Insofern – sie besitzen das Vertrauen“, fügte Steg hinzu.

Die Haltung Merkels ist bemerkenswert, weil der komplette Bahn-Vorstand Tiefensee am Montag scharf kritisierte. „Enttäuscht und verwundert“ seien sie, erklärten die Manager. Sie gingen davon aus, dass „Vergütungsangelegenheiten nicht in der Öffentlichkeit, sondern im dafür aktienrechtlich zuständigen Aufsichtsrat zu besprechen und zu regeln sind“.

Offen ist bislang, wann der Minister von den Bonuszahlungen gewusst hat. Sein Sprecher bekräftigte am Montag, dass Tiefensee erstmals Mitte September informiert worden sei. Laut Bahn-Spitze aber habe Tiefensee „trotz einiger Gespräche in den letzten vier Wochen dieses Thema gegenüber dem DB-Vorstand zu keinem Zeitpunkt angesprochen“. Vergangene Woche hatte Tiefensee seinen Staatssekretär Matthias von Randow entlassen, weil dieser die Boni am 24. Juni im Personalausschuss der Bahn mit abgesegnet hatte, den Minister aber erst Mitte September unterrichtet haben soll.

Während FDP-Generalsekretär Dirk Niebel Tiefensee als „nicht mehr tragbar“ bezeichnete, kamen aus der Union am Montag versöhnlichere Töne. Man müsse dem Minister die Gelegenheit geben, sich zu erklären, sagte Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) dieser Zeitung. Dies solle er am Mittwoch im Verkehrsausschuss tun. Er verlangte auch Aufklärung darüber, wie Tiefensee Einfluss auf die Bahn nimmt – „oder ob er gar keinen nimmt“. Noch am Wochenende hatten Unionsvertreter Tiefensees Rücktritt gefordert. Der Börsengang der Bahn hängt laut Friedrich aber nicht mit dieser Personalie zusammen, sondern daran, wie sich das Börsenumfeld entwickelt. „Es ist vorstellbar, dass es in dieser Wahlperiode mit dem Börsengang nichts mehr wird“, sagte er mit Blick auf die Finanzkrise.

Unterstützung erhielt Tiefensee aus dem Gewerkschaftslager. „Die Vorstände müssen auf die Boni verzichten“, sagte Klaus-Dieter Hommel, Vorsitzender der Bahn-Gewerkschaft GDBA. Die Manager müssten entsprechend sensibilisiert werden, da die Entscheidung formal nicht rückgängig gemacht werden kön- ne. Die Zahlungen seien zwar unter anderen Umständen beschlossen worden. „In der augenblicklichen Zeit wären die Prämien aber nicht mehr vermittelbar.“

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