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Politik: Der Fall Gary Graham: Ein Tod, der Bush nicht schadet (Kommentar)

Es geht gegen Bush. Weil der Gouverneur von Texas Präsidentschaftskandidat der Republikaner ist, hat sich die Welt-Presse auf die Todeskammer im Gefängnis Huntsville gestürzt.

Es geht gegen Bush. Weil der Gouverneur von Texas Präsidentschaftskandidat der Republikaner ist, hat sich die Welt-Presse auf die Todeskammer im Gefängnis Huntsville gestürzt. Dort wurde in der Nacht zum Freitag Gary Graham hingerichtet. George W. Bush hat allein in diesem Jahr zum 23. Mal eine Hinrichtungs-Verfügung unterzeichnet. Und so lauten weltweit die Schlagzeilen: "Bush gewährt keine Gnade." Das aber trifft es nicht ganz. Eine Aufschiebung der Exekution hätte Bush nur nach einer Empfehlung des Gnadenausschusses anordnen können. Der Ausschuss aber sagte Nein. Bush waren die Hände gebunden.

Das beantwortet jedoch nicht die Frage nach den Folgen für Bushs Wahlaussichten. Die Europäer lehnen die Todesstrafe ab, auch in den USA wird der Protest lauter. Wer so denkt, hält Grahams Hinrichtung für falsch. Die Kritik in den US-Medien richtet sich aber nicht gegen die Todesstrafe an sich. Die Presse will Bush im konkreten Fall den Justizmord an einem Unschuldigen nachweisen. Graham gilt zwar als Berufskrimineller, wurde wegen elf anderer Verbrechen verurteilt und hat etliche davon gestanden. Aber das Todesurteil beruht im Wesentlichen auf einer Zeugenaussage, eine wackelige Basis.

Bush betont, das Verfahren sei ordentlich gewesen. 20 Richter haben in 36 Verfahren, Anhörungen, Revisions-Verhandlungen und Wiederaufnahme-Anträgen den Fall begutachtet - und ließen das Urteil bestehen. Gewiss, oft nur knapp und mit Bauchgrimmen, so wie am Donnerstag der Oberste Gerichtshof, der 5 zu 4 gegen Graham entschied.

Doch so dürfte die offenkundige Kampagne, Bush einen Justizmord anzuhängen, nach hinten losgehen. Rivale Al Gore getraut sich nicht einmal die Rüge, Texas sei Spitzenreiter beim staatlichen Töten; den Fall Graham habe er nicht studiert, sagt Gore. Er befürworte die Todesstrafe und sei sich nicht sicher, ob die Zustände im Allgemeinen so schlecht seien, dass er ein landesweites Moratorium bei der Vollstreckung befürworte.

Bush hat seine Chance politisch-publizistisch genutzt. Er hat die Rechtmäßigkeit der Verfahren betont und deutlich gemacht, wie sehr er selber unter der Verantwortung leidet, abwägen zu müssen zwischen "klaren" Todeskandidaten und Grenzfällen, - zu denen Graham bestimmt gehört. Das wirkte präsidential. Bush wird über die Hinrichtung von Gary Graham nicht stolpern.

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