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Politik: Der Feind vor der Tür

Die USA planen einen Angriff auf den Irak von der Türkei aus – und mit türkischen Soldaten. Ankara steckt in der Zwickmühle

Der stellvertretende US–Verteidigungsministers Paul Wolfowitz gebrauchte in Ankara beschwichtigende Worte: Ein Krieg sei vermeidbar, Saddam Hussein müsse aber weiter gehen als jemals zuvor. Dennoch bereitet Washington den möglichen Einmarsch in den Irak weiter vor. Die USA haben sich offenbar dafür entschieden, den Irak vom Norden aus mit Bodentruppen zu besetzen. Eine entsprechende Liste mit Forderungen an die Türkei legte das US-Außenministerium dem türkischen Botschafter in Washington vor. Demnach wollen die USA bis zu 250 000 Soldaten auf türkischem Boden stationieren; die Türkei selbst soll sich mit bis zu 40 000 Soldaten an der Operation beteiligen.

US-Vizeverteidigungsminister Wolfowitz und der Staatssekretär im US-Außenministerium, Marc Grossmann, trafen am Dienstag in Ankara ein, um mit der türkischen Regierung und dem Generalstab über diese Pläne zu verhandeln. Schon bis Sonntag wünscht Washington eine Antwort aus Ankara. In dem Schreiben zählt die US-Regierung verschiedenen türkischen Medienberichten zufolge auf, was sie von Ankara erwartet. Washington fordert darin ausdrücklich den Einsatz türkischer Truppen, die zumindest nach dem alliierten Einmarsch ein etwaiges Machtvakuum in Irak ausfüllen sollen.

Nach der Absage der arabischen Bündnispartner solle nun die Türkei zum Aufmarschplatz und Logistikzentrum des Irak-Krieges werden, kommentierte die türkische Presse. Als Gegenleistung bietet Washington der türkischen Regierung den Berichten zufolge Wirtschafts- und Militärhilfen im Wert von 3,4 Milliarden Dollar an. Ankara ist ohnehin stark von den USA als größtem Geldgeber des Internationalen Währungsfonds abhängig. Durch den energischen Einsatz der US-Regierung bei der EU für einen baldigen Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei erhöht sich für Ankara auch die politische Bringschuld an den Bündnispartner.

Dennoch wird es der Türkei schwer fallen, den Wünschen der Amerikaner zu entsprechen. Ankara steht einem Krieg gegen den Irak skeptisch gegenüber und wollte sich bisher nur auf die Überlassung von Luftwaffenstützpunkten einlassen. Gerade die Forderung nach einer aktiven Beteiligung am Krieg bringt das Land in Bedrängnis. Die USA würden nach dem Krieg wieder abziehen, doch die Türkei bleibe ein Nachbarland des Irak, so die Zeitung „Hürriyet“. Mit einem Einmarsch im Irak würde sich Ankara einen Feind direkt hinter der Grenze schaffen.

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