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Politik: Der gefährlichste Job im Irak

Einheimische Polizisten sind immer öfter Ziel von Anschlägen

Noch am Morgen sind US-Soldaten in Militärjeeps durch die Straßen von Bagdad gefahren – und haben über Lautsprecher die Bevölkerung aufgefordert, jeden Hinweis auf Terroristen oder geplante Anschläge an die irakische Polizei weiterzugeben. Statt eines Hinweises kam am Mittag dann der Terror selbst: Vor der Polizeistation von Iskanderijah, 40 Kilometer südlich von Bagdad, explodierte eine Autobombe und riss Dutzende Menschen in den Tod.

Polizisten leben gefährlich im Irak. Mehr als 300 Beamte wurden seit Kriegsende getötet, durch Selbstmordattentäter, die sich vor Polizeistationen in die Luft sprengten, durch gezielten Mord oder durch improvisierte Sprengsätze auf der Straße. Allein am ersten Tag des Fastenmonats Ramadan im vergangenen Oktober wurden in Bagdad vier Polizeiwachen gesprengt. Und obwohl die meisten Polizeistationen inzwischen Hochsicherheitstrakten gleichen, gelingt es den Terroristen immer wieder, nahe genug heranzukommen, um viele Opfer zu verursachen.

Der Anschlag am Dienstag kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Amerikaner sich zunehmend aus den Städten zurückziehen möchten. Die Verantwortung für die Sicherheit soll in irakische Hände gelegt werden – auch weil die Panzer in der Innenstadt und der ständige Anblick schwer bewaffneter Soldaten das Image der USA verschlechtert haben. Das soll nun anders werden: Hatten die USA im Sommer noch 60 Militärstützpunkte in Bagdad, sind es heute nur noch 20; in Kürze soll es in der Innenstadt nur noch einer sein und acht weitere in den Vororten.

Wo die amerikanischen Soldaten verschwinden, müssen die Polizisten verstärkt auf Patrouille gehen. Die Gefahr, in die sie sich dabei begeben, wird von der US-Verwaltung anerkannt: Seit Dezember erhält jeder Polizist zusätzlich zu seinem Gehalt von rund 180 Dollar eine Gefahrenzulage in Höhe von 100 Dollar. „Die irakischen Sicherheitskräfte stehen an der Frontlinie im Kampf gegen die Terroristen", sagte US-Statthalter Paul Bremer.

Auf die Bereitschaft der Iraker, sich zum Polizeidienst zu melden, hat die Welle der Gewalt kaum Einfluss. Anders als bei der Armee, der die Soldaten in Scharen davonlaufen, ist bei der Polizei von umfangreichen Dienstquittierungen bisher nichts bekannt. Im Gegenteil: Als die Amerikaner vor zehn Tagen Bewerbungen für den Polizeidienst entgegennahmen, meldeten sich allein im Viertel Al Rashid im Süden Bagdads in zwei Tagen mehr als 800 Kandidaten.

Susanne Fischer[Bagdad]

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