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Politik: Der gemäßigte Duma-Vizepräsident Sergej Baburin spricht aus, was in Russland viele denken

Mit den dunklen Locken und dem Menjou-Bärtchen macht Sergej Baburin einen freundlichen Eindruck. Sind es auch die Ansichten, wie die Welt aussehen sollte?

Mit den dunklen Locken und dem Menjou-Bärtchen macht Sergej Baburin einen freundlichen Eindruck. Sind es auch die Ansichten, wie die Welt aussehen sollte? Nach Meinung des Vize-Präsidenten der russischen Duma sollten sich Russland und Weißrussland rasch wiedervereinigen. Mit der Ukraine und Kasachstan sei derzeit leider nur eine "Föderalisierung" möglich, weil es dort vorerst keine Mehrheit für einen gemeinsamen russischen Staat gebe. Das sei schade, denn gemeinsam könnten die stärksten Ex-Sowjetrepubliken ein Gegengewicht zu den USA bilden und Stabilität auf dem gesamten Gebiet der untergegangenen UdSSR durchsetzen. Wichtig ist für Baburin "ein vorwärtsstrebendes, kommunistisches China". Und Javier Solana, während des Kosovo-Krieges Nato-Generalsekretär, gehört vor ein Kriegsverbrechertribunal.

Die Verwunderung unter den westlichen Gästen beim Franz-Josef-Strauß-Symposium der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in München wächst mit jedem Satz. Ist dieser Sergej Baburin ein Radikalnationalist vom Schlage Schirinowskijs? Ein solcher Verdacht erstaunt wiederum die übrigen Gäste aus Russland: Der aus Sibirien stammende Duma-Vizepräsident, 40-jähriger Vater von vier Kindern, gehört der Russischen Volksunion an, einer Zentrumspartei, und ist einer der populärsten Politiker. Seine Ansichten würden von zwei Dritteln der Parlamentarier geteilt - gerade auch von den moderaten Kräften, die nach westlichen Hoffnungen bei der Duma-Wahl im Dezember endlich die Oberhand gewinnen sollen über die starken Ränder rechts und links, die Kommunisten und die Nationalisten. Baburin formuliert, was "mainstream" im heutigen Russland ist.

Und es sei Zeit, den wirtschaftlichen Ausnahmezustand zu verhängen - nicht den politischen, betont Baburin. Der Staat müsse Zugriff auf alle wirtschaftlichen Resourcen zurückgewinnen, egal wem sie gehören, müsse wieder Handlungsfähigkeit erlangen. Viele autonome Gebiete führen keine Steuern mehr an das Zentralbudget ab. Seit Aufgabe der staatlichen Devisenkontrolle fließen Jahr für Jahr zweistellige Dollar-Milliarden-Beträge auf private Auslandskonten. Heute sei Russland "an Händen und Füssen gefesselt" durch 150 Milliarden Dollar Auslandsschulden, so Baburin. Und über seinem Land schwebe "das Damoklesschwert" des Internationalen Währungsfonds, der keine neuen Kredite gewähre. "Das kommunistische Experiment ist zu Ende, das liberale hat nicht geklappt. Jetzt muss Russland eine neue Wahl fürs nächste Jahrhundert treffen."

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