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Der Elysée-Palast setzte am Donnerstag ein ähnliches Foto der inningen Umarmung auf seine Twitter-Startseite. Foto: dpa

© dpa

Politik: „Der gute Pastor aus der deutschen Republik“

Die öffentliche Meinung in Frankreich ist voll des Lobes für Gaucks Besuch.

Paris - Die französische Öffentlichkeit ist von Joachim Gaucks Besuch in Frankreich angetan. Vor allem der gemeinsame Auftritt des Bundespräsidenten mit Frankreichs Staatschef François Hollande in Oradour-sur-Glane, dem Ort bei Limoges, den die Waffen-SS am 10. Juni 1944 auslöschte und 642 Einwohner ermordete, unter ihnen 207 Kinder, fand in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen als starkes symbolisches Ereignis große Aufmerksamkeit. Ohne Einschränkung ist von einer „neuen Seite in der historischen Aussöhnung“ zwischen Frankreich und Deutschland die Rede.

Drei Stunden lang übertrug der Fernsehsender France 2 am Mittwochnachmittag die Gedenkzeremonie in voller Länge aus Oradour. Auf dem Bildschirm liefen die Bilder vom Gang Gaucks und Hollandes in Begleitung von Robert Hébras, einer der sechs Überlebenden des Massakers, durch die Ruinen des Orts, ihr stummes Verweilen in der ausgebrannten Kirche, die Kranzniederlegung am Denkmal auf dem Friedhof, die Eintragung ins Goldene Buch des Erinnerungszentrums und ihre Gespräche mit Hinterbliebenen der Opfer. Im Studio begleiteten Experten und vor Ort Reporter das Geschehen mit ausführlichen Kommentaren. Immer wieder wurden dabei die zwei starken Momente des Nachmittags wiederholt: die Szene in der Kirche, als Gauck und Hollande den 88-jährigen Hébras mit beiden Händen in ihre Mitte nahmen, und jene nach der Eintragung ins Goldene Buch, als Gauck und Hollande sich lange umarmten.

Der Pressedienst des Präsidialamtes im Elysée-Palast setzte eins der Bilder sogar auf die Startseite seines Twitter-Accounts; es zeigt die Umarmung der beiden Präsidenten. Die beiden großen Pariser Zeitungen, der konservative „Le Figaro“ und die liberale „Le Monde“, brachten das Foto der beiden Präsidenten mit Hébras in ihrer Mitte beim Verlassen der Kirche am Donnerstag auf ihren Titelseiten.

Der „Figaro“ kommentierte, das Bild vom Händedruck der beiden Präsidenten, habe „Noblesse“, auch wenn es an jenes vom Händedruck zwischen François Mitterrand und Helmut Kohl 1984 in Verdun erinnere. Gauck verdiene Bewunderung und Respekt für sein Bekenntnis zur Verantwortung.

Die Zeitung „Le Monde“, die bereits in den vergangenen Tagen ausführlich über den Besuch Gaucks berichtet und ihren Lesern den Bundespräsidenten in einem „Der gute Pastor aus der deutschen Republik“ überschriebenen Porträt vorgestellt hatte, widmete der Gedenkzeremonie keinen besonderen Kommentar, ließ jedoch in ihrem Bericht aus Oradour durch die Auswahl der Zitate aus den Reden erkennen, welchen Aspekten sie Gewicht beimaß. In Gaucks Rede waren es dessen ausführliche Überlegungen zur Schuld und das an die Hinterbliebenen gerichtete Wort: „Ich teile Ihre Bitterkeit darüber, dass Mörder nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, dass schwerste Verbrechen ungesühnt blieben. Sie ist meine Bitterkeit. Ich nehme sie mit nach Deutschland und ich werde in meinem Land davon sprechen und dabei nicht verstummen.“ Hans-Hagen Bremer

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