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Politik: Der Hoffnungsträger bekommt alles – fast

CSU-Chef Seehofer ist angestrengt, Kronprinz Guttenberg verteilt Seitenhiebe. Und Merkel hat bei alledem auffallend gute Laune

Von Robert Birnbaum

Der Beifall prasselt, nur einer ist gerade abgelenkt. Horst Seehofer hat ein eindringliches Gespräch mit dem CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und dem Partei-Altvorderen Winfried Scharnagl. Hinter ihm macht Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt eine sehr energische Geste: Mit beiden Händen bedeutet er den Delegierten, dass es reicht. Und wirklich, der Applaus hört auf. Später wird die CSU den Abschied von der Wehrpflicht billigen, so wie es Guttenberg erbeten hat. Ohne Debatte, ohne Gegenstimme. „Hoffnungsträger darf man nicht beschädigen“, sagt ein Spitzen-Christsozialer.

Nein, es ist kein schöner Parteitag für Horst Seehofer. Ob er Angst habe vor Nachfolgedebatten, hat ihn ein Journalist bei der Pressekonferenz vor Parteitagsbeginn gefragt. „Nein“, hat Seehofer erwidert. Später hat Guttenberg vom Podium herab erklärt: „Es kommt auf den Zusammenhalt an, lieber Horst Seehofer, und nicht auf irgendwelche depperten Personaldebatten!“ Das klingt bescheiden, und der liebe Horst Seehofer hat dazu auch noch lächeln müssen. In Wahrheit ist es eine ziemliche Demütigung für einen Parteivorsitzenden, dass ihm der Konkurrent durch die Blume mitteilt, er geruhe im Moment nicht zu putschen. Dieser Konkurrent, der überhaupt so tut, als wäre er keiner, der aber dem Parteitag trickreich erläutert, was ihn vom Vorsitzenden positiv unterscheide: Die Menschen, sagt Guttenberg, erwarteten von der Politik Richtungsvorgaben, die dann aber auch so stehen bleiben müssten und „nicht in Kürze wieder eine Korrektur erfahren“. Vorgeblich galt das der Bundeswehrreform. Aber jeder im Saal versteht den Seitenhieb auf Seehofer, den Virtuosen des rapiden Richtungswechsels.

Und dann ist da noch Angela Merkel. Eine auffällig gut gelaunte. Die CDU-Chefin lächelt, drückt Hände, spaziert aufs Rednerpult und versichert dem „lieben Horst“ gute Zusammenarbeit: „Das kriegen wir schon hin, auch wenn’s manchmal bisschen ruckelt!“ Seehofer schmunzelt sparsam. Und Merkel gibt der CSU einen Rat: Sie sei ja auch mal gegen eine Frauenquote gewesen. Aber bei der CDU, da funktioniere das heute ganz wunderbar. „Ich würde sagen: Mut zu Neuem!“ sagt Merkel. „War eine kleine Empfehlung.“

Seehofer blickt bedeutsam: Habt ihr's alle gehört, wie sie mich unterstützt? Alle haben es gehört. Aber etliche haben auch das unterschwellige Signal registriert: So weit ist es, dass der CSU-Vorsitzende eine kleine Empfehlung von der CDU-Chefin brauchen kann. Ziemlich dringend sogar, denn die Debatte – mehr als 40 Wortmeldungen – wogt wild pro und contra Quote. Praktisch die gesamte Parteispitze wirbt dafür. Praktisch die gesamte Junge Union wehrt sich gegen „Quotenfrauen“. Generalsekretär Alexander Dobrindt versucht eine geheime Abstimmung zu verhindern. Auch Guttenberg plädiert für ein offenes Votum. Seehofer hat das letzte Wort. Auch er wirbt, und auch er warnt vor der öffentlichen Wirkung, käme es anders. Es kommt nicht anders, der Parteitag stimmt für die Quote. Den Kampf um die offene Abstimmung haben Seehofer und Guttenberg übrigens gemeinsam verloren, abgestimmt wurde geheim. Hoffnungsträgern muss man noch lange nicht jeden Gefallen tun.

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