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Politik: Der Justizminister des Königreichs Frommelt versucht vergeblich, die Vorwürfe des BND auszuräumen

Wer viel Geld hat, hat nicht unbedingt viel Macht. Fast schien es am Montag im noblen Four Seasons Hotel so, als sei der Liechtensteiner Justizminister, Heinz Frommelt, eigens in die deutsche Hauptstadt gereist gekommen, um dies zu demonstrieren.

Wer viel Geld hat, hat nicht unbedingt viel Macht. Fast schien es am Montag im noblen Four Seasons Hotel so, als sei der Liechtensteiner Justizminister, Heinz Frommelt, eigens in die deutsche Hauptstadt gereist gekommen, um dies zu demonstrieren. Denn Liechtenstein, die Alpenmonarchie mit der eigenen Hauptstadt Vaduz und einem echten Fürsten, liegt nicht nur zwischen der Schweiz und Österreich eingeklemmt, sondern sitzt momentan tief, ganz tief in der Klemme: Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat das Steuerbetrüger-Paradies im vergangenen Jahr zur Hochburg des internationalen Gangstertums gekürt. Ganz zum Unwohl des Staatsoberhauptes Fürst Hans-Adam II, und ganz zum Verdruss des Justizministers.

"Eigentlich ist das eine Ungeheuerlichkeit", befand der freundliche und jugendliche Justizminister. Da wird sein Land vom BND als Tummelplatz der Mafia, Drogenkartellen und organisierten Kriminellen aus aller Welt öffentlich an den Pranger gestellt und dann, ja dann wollen die Verantwortlichen in Pullach, und ganz besonders die im Kanzleramt, noch nicht einmal mit der Delegation reden. Derart rüde mit der kalten Schulter bedacht, fühlt man sich wie ein Geächteter.

"Der BND bleibt alle Beweise schuldig", sagte Frommelt und mutmaßte auf eine rührend anständige Art für jemanden, der in Vaduz Recht und Ordnung garantieren soll, vielleicht seien ja die Vorwürfe des BND gar erfunden? Der hatte ja nicht nur in einem Dossier behauptet, dass kolumbianische Drogendealer und russische Mafiosi einen gewaltigen Teil des Bruttosozialproduktes der Monarchie ausmachten. Ein "Geflecht aus Beziehungen von hohen Beamten, Richtern, Politikern, Bankdirektoren und Anlageberatern" würden zudem all diese Finsterlinge auch noch schützen.

Das Kanzleramt, dessen Chef Steinmeier und der dort angesiedelte Koordinator der Geheimdienste, Uhrlau, leihten dem Mann aus dem Land mit dem Spitzensteuersatz 18 Prozent und der Heimat vieler berüchtigter staatsbürgerlicher Vereinigungen, kein Ohr. "Es hat keinen Gespächswunsch gegeben, sonst wäre ich dem nachgekommen", rechtfertigte sich Uhrlau. Stattdessen sprach die Delegation bei Justizministerin Däubler-Gmelin vor, um die engere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zu forcieren. "Konkrete Ergebnisse liegen nicht vor", sagte Frommelt betont lakonisch.

Liechtenstein ist wie Luxemburg eine Art Magnet für den Groll und die Unbill der europäischen Regierungen geworden, denen das Geld ausgeht, besser wegfließt. Beide bieten Steuerflüchtlingen, korrupten Politikern, kurzlebigen Scheinfirmen, "jüdischen Vermächtnissen" und "Zaunkönigen" aus Hessen allzu unkontrollierten Unterschlupf - mit ihren Millionen. Auch die mittlerweile berüchtigte Firma Nobleplac, über die Elf Aquitaine 80 Millionen Mark "Provisionen" dem deutschen Leuna-Lobbyisten Dieter Holzer zukommen liess, war natürlich in Liechtenstein beheimatet.

Frommelt reist unverrichteter Dinge zurück in sein "liberales Gesellschaftsrechtssystem". Das Bewusstsein, als Vertreter eines Systems mit viel Geld, aber wenig Macht abgetan worden zu sein, muss schmerzen. Es sei eine Sache, sagt er, "jemanden anzuschwärzen", eine andere, seine nämlich, ist es im nicht mehr ganz so trauten Fürstentum, das er nun als "Geldwäsche community" denunziert sieht, "über Schuld und Unschuld" zu befinden. Wie gut für den Justizminister, dass sich Justitias Waage wie von allein schon mal eher in Richtung Unschuld senkt: "Alle pauschalen Vorwürfe sind absolut haltlos", sagte Frommelt zum Abschied. Und welcher Staatsanwalt Liechtensteins wird da noch diesem freundlichen Justizminister in die Quere kommen wollen?

Rüdiger Scheidges

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