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Politik: Der Klartext des Kandidaten

Steinbrück, Italien und die Mieten.

Potsdam - Peer Steinbrück garniert seine Kanzlerkandidatenauftritte gern mit dem werbenden Wort „Klartext“. Oft ist es aber nur Schnelltext. Wie am Dienstagabend in Potsdam. Es war eine SPD-Diskussionsveranstaltung mit dem Titel: „Klartext mit Peer Steinbrück“. Doch was hat es ihm eingebracht? Ein abgesagtes Abendessen und Klarstellungsbedarf.

Steinbrück hat das Wahlergebnis in Italien kommentiert und quasi seine innere Kavallerie ausreiten lassen. „Bis zu einem gewissen Grade bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben“, sagte Steinbrück. Einer davon sei der Berufs-Komiker Beppe Grillo, der andere „definitiv ein Clown mit einem besonderen Testosteron-Schub“. Gemeint war Silvio Berlusconi. Für Mittwochabend war Steinbrück freilich mit Giorgio Napolitano zum Essen im Adlon verabredet, ein Teil des Staatsbesuchs des italienischen Präsidenten in Berlin. Napolitano sagte ab und hat das mit den Äußerungen Steinbrücks begründet, in denen dieser Berlusconi als Clown verspottete.

„Gesagt ist gesagt“, sagte Steinbrück am Mittwoch. Er sei dafür bekannt, dass er Klartext rede. Und er könne Napolitano verstehen. „Ich habe eine Bemerkung gemacht, die Eingriff nimmt in die italienische Innenpolitik.“ Daher müsse Napolitano in seiner Neutralität als Staatspräsident Abstand wahren. Napolitano und Steinbrück hätten, ergänzte dessen Sprecher Michael Donnermeyer, auch ein klärendes Telefonat geführt. So viel zum ausgefallenen Abendessen.

Den Klarstellungsbedarf produzierte der SPD-Kanzlerkandidat mit Äußerungen zur Steuerpolitik. Er wolle den reduzierten Mehrwertsteuersatz auf nur fünf Bereiche konzentrieren, meldeten Agenturen aus Potsdam. Lebensmittel, Mieten, öffentlicher Nahverkehr, Kultur. Der fünfte Bereich fiel Steinbrück nicht mehr ein oder es war so, wie er es sagte: Der gehe ihm durch den Kopf, aber weil Journalisten da seien, nenne er ihn nicht, weil das sonst „zack – in die Überschrift hineingeht“. Was das wohl wird? Klartext?

Dann die Mieten. Die sind von der Umsatzsteuer befreit. Was hat Steinbrück da geritten? Donnermeyer musste klarstellen: Nein, die SPD wolle die Mieten nicht besteuern. Steinbrück hat sich offenbar verplappert, aber es selbst gemerkt und sich noch bei seinem Auftritt eilig korrigiert – auf Mieten werde ja keine Mehrwertsteuer erhoben, fügte er hinzu, das solle so bleiben. Jedoch sind es damit nur noch drei zentrale Punkte, auf die Steinbrück den ermäßigten Mehrwertsteuersatz begrenzen will. Am Mittwoch sprach Steinbrück flugs auch nur noch von drei, vier Punkten.

Der Wahlkampf dauert noch sieben Monate. Zeit für viel Klartext, Abendessen, Überschriften zum fünften Bereich mit reduziertem Mehrwertsteuersatz. Dabei Steinbrück will seinem Klartext treu bleiben. Viele stünden Politikern „eher distanziert“ gegenüber, „die windelweich formulieren und sich rundschleifen lassen wie Kieselsteine“, sagte er. „Ich will mir mein Mundwerk nicht festklemmen lassen.“

Alexander Fröhlich/Albert Funk

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