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Politik: Der Mann aus derDowning Street

Die Zeiten sind längst vorbei, in denen sich der London-Besucher bis direkt an die Haustür von 10 Downing Street bewegen konnte; im Zeichen der terroristischen Bedrohung ist jetzt die Einfahrt zur Straße abgesperrt. Wenn man aber die Sicherheitsschleuse passiert hat und die Schwelle zum Amtssitz des britischen Premierministers überschritten, dann zeigt sich erst, wie nahe man der Macht hier kommen kann.

Die Zeiten sind längst vorbei, in denen sich der London-Besucher bis direkt an die Haustür von 10 Downing Street bewegen konnte; im Zeichen der terroristischen Bedrohung ist jetzt die Einfahrt zur Straße abgesperrt. Wenn man aber die Sicherheitsschleuse passiert hat und die Schwelle zum Amtssitz des britischen Premierministers überschritten, dann zeigt sich erst, wie nahe man der Macht hier kommen kann. Hinter der Tür das kleine Foyer, zur Linken ein Tisch, auf dem jeder Besucher sein Handy ablegen muss. Gelbe Zettel liegen bereit zum Beschriften und Aufkleben, damit sichergestellt ist, dass jeder Besucher sich für den Heimweg auch tatsächlich mit dem eigenen Mobiltelefon rüstet. Beim Überfliegen der n erweist sich, dass New Labour dem Egalitätsprinzip keineswegs abgeschworen hat. Denn auch das Handy eines der wichtigeren Minister aus Blairs Kabinett liegt auf dem Tisch im Eingangsraum. Der ist mit fünf, sechs Schritten durchquert. Dann noch ein überschaubarer Flur, an dessen Ende eine Büste von Benjamin Disraeli wohlwollend den Gast begrüßt – und schon steht man im schlichten Kabinettssaal der Regierung Ihrer Majestät, den nur eine Tür vom Büro des Premierministers trennt.

Als Tony Blair den Raum betritt, ist es bereits aufgelegt: sein frisches Lächeln, das strahlt und Zähne zeigt. Fünf Jahre ist er nun schon im Amt und doch während seiner Regierungszeit kaum gealtert. Keine Spur von der Schwere des Amts ist dem Mann anzusehen. Auch nicht in diesen Tagen, die vielleicht den Anfang vom Ende der Leichtigkeit für Blair bringen: Wenn es sein muss, ist er bereit und entschlossen zum Krieg gegen den Irak – was allerdings auch in Britannien sehr unpopulär ist. Mit dieser Einstellung weckt Blair übrigens wieder einmal die unausrottbare Vorstellung, sein Land sei in Wahrheit eher der 51. Bundesstaat der USA denn ein europäischer Partner. So klischeehaft und falsch dieses Bild auch ist, sein Handeln könnte im Ergebnis in diese Richtung führen. Denn auch das andere Projekt seiner Außenpolitik, der britische Beitritt zum Euro, ist bei den Wählern höchst unbeliebt. Kann es sich Blair, der nebenbei auch noch eine schwere innenpolitische Agenda abarbeiten muss, wirklich leisten, gleich zwei schwerwiegende Entscheidungen in der Außenpolitik gegen die Mehrheit des Volkes zu treffen? Er kann – wenn er nur den eigenen Imperativ aus den Anfängen der New-Labour-Regierung vergisst: Täglich so zu handeln, als sei morgen bereits die nächste Wahl.psi

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