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Politik: Der Mut der roten Ilda

Von der Statur ist sie eher klein, aber von unbändiger Willenskraft und unerbittlichem Charakter. Was bei der kompromisslosen "roten Ilda" sofort auffällt, sind ihre roten Haare, die nach Ansicht ihrer Gegner auch für ihre politische Gesinnung stehen.

Von der Statur ist sie eher klein, aber von unbändiger Willenskraft und unerbittlichem Charakter. Was bei der kompromisslosen "roten Ilda" sofort auffällt, sind ihre roten Haare, die nach Ansicht ihrer Gegner auch für ihre politische Gesinnung stehen. In den letzten Jahren hat Ilda Bocassini Mafiosi das Fürchten gelehrt. Sie war es, die nicht nur die Drahtzieher, sondern auch die Attentäter des Antimafia-Richters Giovanni Falcone hinter Schloss und Riegel brachte. Sie nahm es auch mit dem Boss der Cosa Nostra, Toto Riina, auf. 1995 hat Bocassini dann Sizilien verlassen und ist auf ihre angestammte Stelle im Mailänder Justizpalast zurückgekehrt.

Doch nun bekennt die Staatsanwältin, die im Korruptionsprozess gegen den Forza Italia-Abgeordneten Cesare Previti einen juristischen Kleinkrieg kämpft, freimütig: "Ja, ich habe Angst. Ich bin ein Mensch. Mir ist bewusst, dass ich mich Gefahren aussetze." Eine berechtigte Angst. Denn Bocassini wurde die Eskorte gestrichen, die sie bislang rund um die Uhr bewachte. Auch musste Bocassini zuletzt herbe Kritik hinnehmen, und zwar von den höchsten staatlichen Stellen. Gern wird sie als Handlangerin und Erfüllungsgehilfin ominöser "kommunistischer Mächte" hingestellt. Wenn Ministerpräsident Silvio Berlusconi, gegen den diverse Justizverfahren anhängig sind, davon spricht, dass er Opfer einer "kommunistischen Kampagne" geworden sei, die mittels kommunistischer Staatsanwälte geführt worden sei, dann meint er auch Ilda Bocassini. Berlusconis Staatssekretär im Innenministerium, Carlo Taormina, ging zuletzt noch weiter. Er forderte bezüglich der Mailänder "Rebellen des Rechtsstaates" unmissverständlich: "Die Richter des Mailänder Gerichtes sind Zerstörer und müssen verhaftet werden. Sie haben Berlusconi den Krieg erklärt, weil er eine Mehrheit anführt, die der Minderheit nicht genehm ist."

Der Grund? Die unerbittliche Haltung der Mailänder Staatsanwaltschaft im Previti-Prozess. Previti soll in den 80er Jahren römische Richter bestochen haben, was dazu führte, dass seine Mandanten in einem Zivilprozess gegen den italienischen Staat eine immens hohe Schadensersatzleistung von umgerechnet 676 Millionen Mark zugesprochen bekamen. Nun verlangen die Previti-Verteidiger, dass der gesamte bisherige Prozess für null und nichtig erklärt wird. Ilda Bocassini, die die Anklage im Previti-Prozess vertritt, beharrt jedoch auf die Gültigkeit der gesammelten Beweise, was auch das Gericht bestätigte. Unermüdlich kämpft Bocassini, die inzwischen auch zum Mailänder Antiterrorstab gehört, ihren Kampf gegen die Korruption. Doch können sich Staatsanwälte und Richter dabei des Rückhalts in der öffentlichen Meinung nicht länger gewiss sein. Sie stehen zunehmend allein.

Vincenzo delle Donne

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