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Politik: Der neue Gnadenlos

Die Schill-Partei wählt in Bremen einen Bundesvorsitzenden – und klagt über Querulanten und Gräben in den eigenen Reihen

Was auch immer man über die Schill-Partei denken mag – eines muss man ihr lassen: Sie bietet innerparteiliche Vielfalt wie kaum eine andere. Als Nachfolger für den ausscheidenden kommissarischen Bundesvorsitzenden Ronald Schill wurden auf einem Bundesparteitag am Sonntag in Bremen gleich acht Kandidaten per Zuruf vorgeschlagen – so auch Schill selber, der aber abwinkte, weil er sich auf seine Ämter als Hamburger Innensenator und Landesparteichef konzentrieren möchte. Der frühere Richter will jetzt nur noch als Ehrenvorsitzender wirken; ein neuer Posten, für den extra die Satzung geändert werden musste.

Fünf der acht Vorgeschlagenen stellten sich tatsächlich zur Wahl, darunter auch der eine oder andere, der von Schill vermutlich in die Schublade der „Querulanten“ oder „Glücksritter“ gepackt würde – also jener Spezies, die nach seiner Ansicht aus Eigennutz und Ehrgeiz „diese Partei kaputt gemacht haben“. In Bremen sollte nach dem Willen des Parteigründers nun „ein querulantenfreier Vorstand gewählt werden“. Schill ermahnte denn auch die Delegierten eindringlich. Sein Lieblingskandidat: sein bisheriger Stellvertreter Mario Mettbach. Nach zermürbender Geschäftsordnungs- und Kandidatendebatte bekam der 50-jährige Hamburger Bausenator am Ende tatsächlich eine satte Mehrheit: Von 281 Delegierten stimmten 209 für den Ex-Berufsoffizier.

Mettbach war einst CDU-Mitglied, dann zweiter Bundesvorsitzender der Statt-Partei und schließlich Mitbegründer der Schill-Partei. Mettbach möchte jetzt innerparteilich „Gräben zuschütten“ – aber auch „bei den Unbelehrbaren hart durchgreifen“ und sie ausschließen lassen. Gleich nach der Wahl drohte er: Wer nicht dabei mitmachen wolle, die Partei wieder „mit Volldampf“ aus der derzeitigen „Baustelle“ herauszubringen, der möge das „jetzt sagen oder wirklich für immer schweigen“.

Auch ein Delegierter forderte, die Partei zu „säubern“. Andere aber rügten, dass der Vorstand von oben herab definiere, „wer ein Querulant ist“. Die echten Querulanten seien zwar „lästig“, aber das Hauptproblem der Partei sei, dass sie kein Programm und keine Strategie habe.

Auch der als „Richter Gnadenlos“ bekannt gewordene Schill fällte ein hartes Urteil: „So, wie sich unsere Partei zur Zeit darstellt, ist sie keine Alternative.“ Damit erklärte er indirekt das miserable Abschneiden bei den Wahlen im Bund, in Hessen und in Niedersachsen. In Hamburg allerdings leiste die Partei gute Arbeit, fand er. Jetzt müsse nur noch „der Geist von Hamburg wieder überspringen auf die Bundespartei“.

Draußen im Lande fühlen sich manche Funktionäre allerdings von der Zentrale an der Elbe ziemlich allein gelassen. Doch alle vier Gegenkandidaten zum Wunschbewerber der Hamburger fielen klar durch. Sie kassierten gerade mal zwei bis 32 Stimmen. Der als weiterer Gegenbewerber gehandelte NRW-Landeschef Ulrich Mückenberger stand überraschend nicht bereit. Vergeblich beantragte er, die Wahl zu verschieben, bis ein Konsenskandidat gefunden wäre: „Wir müssen verhindern, dass heute zwei Züge aufeinander zu rasen!“ Nur zwei?

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