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Politik: „Der Präsident verstand die Bedrohung“

Sicherheitsberaterin Rice verteidigt Bushs Vorgehen vor dem 11. September – doch die öffentliche Debatte verstummt nicht

Von Matthias B. Krause,

New York

Präsident George W. Bush saß noch in seinem weißen Pickup-Laster und fuhr über seine Ranch in Texas, als er zum Telefon griff. Am anderen Ende der Leitung war seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Er habe sie angerufen, um ihr für ihren Auftritt vor der 9/11-Kommission zu danken, berichtete später ein Sprecher des Weißen Hauses. Sie habe einen „tollen Job“ geleistet, die „verantwortungsvollen Taten der Regierung vor dem 11. September zu erläutern und ihre aggressiven Taten danach“, sagte der Präsident. Doch wirklich überzeugend wirkte Rice höchstens für die Hälfte der Nation.

Drei Stunden lang versuchte sie, die Vorwürfe des Terror-Experten Richard A. Clarke zu entkräften, die Bush-Administration habe die Terrorwarnungen vor den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon nicht ernst genommen. „Präsident Bush verstand die Bedrohung, er verstand ihre Bedeutung“, betonte Rice. Allerdings räumte sie Versäumnisse bei der Verhinderung von Terrorangriffen ein. Die Weichen in der Sicherheitspolitik seien aber schon lange vor Bushs Amtsantritt falsch gestellt worden.

Während die konservativen Medien ihre Aussage als Sieg für das Bush-Lager interpretierten, wunderten sich die liberalen Zeitungen über die Uneinsichtigkeit des Weißen Hauses. Anders als Clarke, der vier US-Präsidenten als Terror-Analyst gedient hatte und sich vor seiner Aussage bei den Hinterbliebenen der Anschläge entschuldigte, hatte Rice für die Opfer keine warmen Worte gefunden. Und von ihrer Position rückte sie keinen Millimeter ab. Dass die für Bush so schädliche öffentliche Diskussion um seine Führungsqualitäten nun verstummt, glauben selbst die Republikaner nicht. „Wir sind in einem hochpolitischen Feld", sagte der ehemalige Reagan- und Bush-Berater Mit Spears der „Washington Post“: „Rice hat ordentliche Arbeit geleistet, die größeren Streitpunkte zu vermeiden, aber ihre Aussage wird die Debatte nicht beenden. Die Demokraten haben genug Futter, um noch eine Weile weiterzumachen.“

Als eine ihrer besten Waffen könnte sich ein Protokoll eines Präsidenten-Briefings vom 6. August 2001 erweisen, dessen Titel Rice bei ihrer Befragung widerwillig preisgab: „Bin Laden entschlossen, innerhalb der USA anzugreifen.“ Dabei habe es sich aber lediglich um „historische Informationen" gehandelt, nicht um eine konkrete Warnung, sagte sie. Unabhängig überprüfen kann das im Augenblick niemand – das Weiße Haus hat das Briefing als geheim eingestuft.

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