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Politik: Der Ruf nach Unabhängigkeit von Indonesien wird lauter

Rund eine Million Menschen haben am Montag in der indonesischen Provinz Aceh friedlich für ein Unabhängigkeits-Referendum demonstriert. Die Menschen versammelten sich am Morgen in der Hauptstadt Banda Aceh vor einer Moschee und auf umliegenden Plätzen.

Rund eine Million Menschen haben am Montag in der indonesischen Provinz Aceh friedlich für ein Unabhängigkeits-Referendum demonstriert. Die Menschen versammelten sich am Morgen in der Hauptstadt Banda Aceh vor einer Moschee und auf umliegenden Plätzen. Der Präsident des Regionalparlaments, Muhammad Yus, und Vize-Gouverneur Bustari Mansyur unterzeichneten eine Petition an UN-Generalsekretär Kofi Annan und die Regierung in Jakarta, in der sie eine Volksabstimmung über die Loslösung von Indonesien nach dem Vorbild Ost-Timors forderten. Polizei und Militär waren bei der Demonstration, die sich am Nachmittag wieder auflöste, nicht zu sehen.

Die Demonstranten trugen Stirnbänder mit dem Wort "Referendum" und skandierten "Freiheit". Zwei Stunden lang sprachen Unabhängigkeitsaktivisten, Islam-Gelehrte und Stundentenvertreter zu den Hunderttausenden von Menschen vor der Moschee. Mehrere Redner drohten mit einem Heiligen Krieg, falls die Regierung in Jakarta das geforderte Referendum nicht zulasse. Zu der Massendemonstration hatte das Informationszentrum für eine Volksabstimmung in Aceh (Sira) aufgerufen, dem Studenten und Nicht-Regierungsorganisationen angehören.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten in der Provinz zehntausende Demonstranten eine Volksabstimmung nach ost-timorischem Vorbild gefordert. Dabei wurden mehrere Menschen getötet. Der neue indonesische Präsident Wahid hatte in der vergangenen Woche überraschend ein Unabhängigkeits-Referendum für Aceh in Aussicht gestellt. Sein Innenminister Suryadi Sudirja sprach jedoch anschließend lediglich von einer weit reichenden Autonomie.

Die Provinz Aceh im Nordwesten der Insel Sumatra hat sich in dem vom Zerfall bedrohten Vielvölkerstaat Indonesien schon immer durch ein besonderes Selbstbewusstsein ausgezeichnet. Aceh, in dem mit etwa 3,4 Millionen Menschen weniger als zwei Prozent der indonesischen Bevölkerung wohnen, hat eine lange islamische Tradition. Ein im 15. Jahrhundert in Nord-Sumatra entstandenes Sultanat spielte lange eine zentrale Rolle im Gewürzhandel, geriet dadurch mit den Kolonialmächten Portugal und Niederlande in Konflikt, konnte aber seine Unabhängigkeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend behaupten.

1949 wurde die bis dahin von den Holländern beherrschte, etwa 55 000 Quadratkilometer umfassende Provinz Teil der Republik Indonesien. Rund 90 Prozent der etwa 200 Millionen Indonesier bekennen sich zum sunnitischen Islam. Unter ihnen nehmen die streng orthodoxen Moslems der Provinz Aceh eine Sonderrolle ein. Das geschichtlich tief verwurzelte Selbstbewusstsein der Bevölkerung führte schon in den 50er Jahren zu einem Aufstand gegen die Zentralregierung in Jakarta. Einer der Gründe des zunehmenden Protests ist darin zu suchen, dass die Provinz von den Erlösen aus den umfangreichen Erdöl- und Ergasvorkommen zu wenig profitierte.

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