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Politik: Der Staatsminister im Auswärtigen Amt über die EU-Erweiterung und Haider: "Das Verhalten gegenüber Wien ist notwendig"

Christoph Zöpel (56) ist Staatsminister im Auswärtigen Amt und unter anderem für die EU-Osterweiterung zuständig. Im vergangenen September trat der SPD-Politiker in diesem Amt die Nachfolge von Günter Verheugen an.

Christoph Zöpel (56) ist Staatsminister im Auswärtigen Amt und unter anderem für die EU-Osterweiterung zuständig. Im vergangenen September trat der SPD-Politiker in diesem Amt die Nachfolge von Günter Verheugen an. Mit Zöpel sprach Albrecht Meier.

Herr Staatsminister, Sie waren gerade in Rumänien. Wie oft sind Sie dort nach dem Datum für den EU-Beitritt gefragt worden?

Die Regierung und auch Abgeordnete in Rumänien haben mich nicht nach Beitrittsdaten gefragt. Sie haben von sich aus gesagt, worauf sie sich einstellen. Sie stellen sich darauf ein, dass sie in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts so weit sein könnten, dass sie beitrittsfähig sind. Ich halte das für eine Perspektive, die im Augenblick sinnvoll ist.

Die ersten Kandidaten können frühestens zum 1. Januar 2003 Mitglied der EU werden. Bis die innere Reform in Kraft tritt, wird es bis Ende des Jahres 2002 dauern. Ein ziemlich enger Fahrplan für die Europäische Union.

Die EU hat sich verpflichtet, bis Anfang 2003 aufnahmefähig zu sein für neue Länder. Vorher geht es nicht. Aus heutiger Sicht lautet meine Prognose: Von den zwölf Ländern, mit denen die EU derzeit verhandelt, könnten in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts zehn aufnahmefähig sein, es müssen aber nicht alle sein. Diese zehn Länder haben eine überschaubare Zahl von Einwohnern, die neu in die EU kommen - nämlich 70 Millionen; bisher gibt es 370 Millionen EU-Einwohner.

Lässt sich eine Rangfolge unter den EU-Kandidaten aufstellen? Polen trifft etwa der Vorwurf, EU-Recht zu langsam umzusetzen.

Das ändert sich so schnell, dass ich hier keine Ranglisten aufstellen würde. Noch im Herbst sind die Tschechen in dem Bericht der EU-Kommission besonders gemahnt worden. Sie haben in den wenigen Monaten aufgeholt. Das ist der Eindruck der EU, und auch die tschechische Regierung hat mir das überzeugend berichten können. Was Polen anbelangt: Im Laufe dieses Jahres wird es mit Polen über den Agrarsektor schwierige Verhandlungen geben, die noch gar nicht eröffnet sind. Das ist eine große Herausforderung, aber der müssen sich beide Seiten mit dem Willen zur Lösung stellen. Zu einer spezifischen Kritik am polnischen Tempo sehe ich keinen Anlass.

Gerade hat der tschechische Präsident Havel eine europäische Verfassung gefordert. Ist die EU tatsächlich schon so weit?

Die EU entwickelt sich kontinuierlich und Schritt für Schritt. Seit Beginn des Jahres tagt ein Grundrechtskonvent unter Vorsitz des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog. Er wird Vorschläge machen, wie Grundrechte in der Europäischen Union aussehen. Viele Regeln über das Funktionieren der EU-Institutionen, die faktisch Verfassungsrang haben, stehen bereits im Vertrag über die Europäische Union. Bei uns stehen beispielsweise Bestimmungen über das Parlament im Grundgesetz. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts werden wir weiter sein mit einer zunehmenden Präzisierung des europäischen Rechts, über das man dann auch unter Verfassungs-Gesichtspunkten sprechen kann. Es gibt ein Problem: Unser Denken in Verfassungen - auch das französische - ist anderen Ländern - zum Beispiel Großbritannien - aus ihrer Rechtstradition fremd. Hier wird es sicherlich einen intensiven Dialog sowohl unter englischen und kontinentaleuropäischen Verfassungsrechtlern als auch im politischen System und in der Bevölkerung geben müssen.

Wird der FPÖ-Chef Haider auch etwas am Tempo der Beitritte zur EU ändern?

Nein. Das Verhalten der EU-Staaten gegenüber Österreich ist notwendig, weil mit Herrn Haider der Vorsitzende einer Partei jetzt die Regierungsgeschäfte mitbestimmt, dessen Äußerungen nicht den Kopenhagener Kriterien der EU entsprechen. In der Vergangenheit hat die EU mit Beitrittskandidaten - etwa der Slowakei - nicht gesprochen, weil dort der frühere Präsident Meciar ähnliche Sprüche gemacht hat. Was man Beitrittskandidaten sagt, wie sie sich politisch einstellen müssen - das muss man auch im Inneren verlangen. Es gibt aber durchaus die Möglichkeit, dass sich die so gewarnte österreichische Regierung sehr korrekt benehmen und gar keine Hindernisse in den Weg legen wird. Das ist eigentlich eines der Ziele dieser Maßnahmen. Sollte ein Land allerdings Veto-Politik betreiben, dann bietet der EU-Vertrag Möglichkeiten, seine Mitwirkung zu suspendieren.

Mittlerweile diskutieren einige EU-Politiker sogar für die Zukunft über rechtliche Möglichkeiten, einzelne missliebige Mitglieder ganz auszuschließen.

Das läuft auf eine Prüfung hypothetischer Fragen hinaus. Sich für die Möglichkeit eines anti-demokratischen Rückfalls einzelner EU-Mitglieder zu wappnen, halte ich für viel zu früh. Ich würde im Augenblick davon ausgehen, dass die bisherigen politischen Warnschüsse der 14 anderen gegenüber der österreichischen Regierung auch den Effekt haben können, dass die Regierung in Wien sich verantwortungsvoll an den Geist der Verträge hält.

Herr Staatsminister[Sie waren gerade in Rumä]

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