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Ehrenvoller Empfang: Chinas Premier Wen Jiabao in Indonesien. Foto: dpa

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Politik: Der stille Kampf um Einfluss

Chinas Premier wirbt in Südostasien für eine engere Zusammenarbeit – sein Land will die Region nicht den USA überlassen

China will künftig stärker mit den Staaten Südostasiens zusammenarbeiten und damit mehr Einfluss in der Region erlangen. Peking begrüße es, dass „Wirtschaftsmächte außerhalb der Region“ wie die USA, die EU und Russland ihre Zusammenarbeit mit den Staaten Südostasiens ausbauten, sagte Premierminister Wen Jiabao zum Abschluss seines Besuches in Malaysia und Indonesien. Die „Führungsrolle in der Region“ solle jedoch der Verband der südostasiatischen Staaten Asean übernehmen.

Wen kündigte nach einem Treffen mit Indonesiens Premierminister Susilo Bambang Yudhoyono milliardenschwere Kredite für den Ausbau der Infrastruktur in Indonesien an. Außerdem setzte sich Wen dafür ein, dass in der Region zukünftig Chinas Währung, der Yuan, verwendet werden solle. Vertreter mehrerer chinesischer Konzerne unterzeichneten Investitionsabkommen in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar.

Chinas Ziel ist eindeutig und geht weit über die Region hinaus: Die Staaten Südostasiens sollen den ASEAN-Verband als Medium für eine stärkere regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit nutzen und nicht die Trans-Pazifische Partnerschaft (TPP), deren Ausbau die USA vorantreiben. Dabei handelt es sich um ein Freihandelsabkommen, zu dem sich 2005 anfänglich Brunei, Chile, Neuseeland und Singapur zusammengeschlossen haben. Ziel ist es, bis 2015 alle Einfuhrzölle zwischen den teilnehmenden Staaten abzuschaffen. 2009 hat US-Präsident Barack Obama die Idee aufgegriffen und vorgeschlagen, einen viel größeren Wirtschaftsraum zu schaffen, in dem den USA zwangsläufig eine Schlüsselrolle zukäme. Australien, Malaysia, Peru, Vietnam und die USA verhandeln derzeit über eine Aufnahme. Kanada, Japan, die Philippinen, Südkorea und Taiwan haben Interesse an einer Aufnahme bekundet.

Ginge es nach Obama, dann würden sich die Staaten Südostasiens – von denen die meisten politisch Washington ohnehin näher stehen als Peking – geschlossen dem TPP-Wirtschaftsraum anschließen. China befürchtet, vermutlich zu Recht, dass dadurch ein Gegenpol zum steigenden chinesischen Einfluss in Asien geschaffen werden soll.

Dabei rückt die Region jedoch scheinbar unaufhaltsam in Richtung China. Seit Anfang 2010 ist ein Freihandelsabkommen zwischen China und mehreren Staaten Südostasiens in Kraft, das schon bald den Handel deutlich vorantreiben dürfte. Peking ist dabei vor allem an den Bodenschätzen in der Region interessiert.

Dabei überlässt China nichts dem Zufall. Eine Reihe groß angelegter Projekte soll die Annäherung beschleunigen. So plant Peking, sein Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz auf Südostasien zu erweitern. Erst vor wenigen Monaten wurden Verträge unterzeichnet, wonach China in Laos und Thailand Bahnstrecken bauen wird. Die Zukunft der Beziehungen zwischen China und den Staaten Südostasiens wird sich jedoch nicht auf der Schiene entscheiden, sondern im Meer. Im Südchinesischen Meer kollidieren derzeit Ansprüche mehrerer Staaten mit Pekings Großmachtplänen in der Region.

Erst im März zeigten sich die Philippinen bestürzt über einen Vorfall, bei dem zwei chinesische Patrouillen-Boote gedroht haben sollen, ein philippinisches Erkundungsschiff zu rammen. Im selben Monat legte Vietnam Protest ein wegen einer chinesischen Marineübung, die aus Hanois Sicht in vietnamesischen Gewässern abgehalten wurde.

Die Gebietsansprüche in der Region sind kompliziert. China und Vietnam erheben Ansprüche auf die Paracel-Inselgruppen, die China 1974 besetzt hat. Beide Staaten erheben zudem Ansprüche auf Teile des Spratly-Archipels weiter im Süden. Andere Teile dieses Archipels betrachten auch Malaysia, die Philippinen und Brunei als Teil ihres Hoheitsgebiets.

Beide Inselgruppen sind unbewohnt. Dort werden jedoch große Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet. Zudem ist die genaue Zuteilung der Inseln wichtig, um festzulegen, wo genau die Seegrenzen verlaufen.

Mit solchen Feinheiten hält sich Peking gar nicht erst auf. Aus chinesischer Sicht gehört beinahe das gesamte Südchinesische Meer ausschließlich China. Damit irritiert Peking auch Indonesien.Daher bemühte sich Chinas Premier bei seinem Besuch in dieser Frage um einen bewusst versöhnlichen Ton. Alle beteiligten Staaten sollten versuchen, diesbezügliche Streitigkeiten „freundschaftlich“ und „auf Augenhöhe“ zu klären, erklärte Wen. China habe auf keinen Fall vor, Spannungen zu schaffen.

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