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Politik: Der tiefste Sturz

Keine Regierung bekam im Politbarometer je so schlechte Noten wie Rot-Grün / Arbeit der Union wird ebenfalls heftig kritisiert

Für das Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel hat die Forschungsgruppe Wahlen vom 9. bis 12. Dezember 1280 Interviews geführt.

Die politische Stimmung im Dezember ist kaum verändert. Die SPD stagniert mit 26 Prozent bei ihrem schlechtesten Wert seit der Wiedervereinigung und wird von der CDU/CSU klar distanziert: Die Union erreicht erneut 55 Prozent. Nach dem BeinahePatt bei der Bundestagswahl trennen beide Parteien jetzt 29 Prozentpunkte. Die Grünen liegen wie in den beiden Monaten zuvor bei neun Prozent, Parteitag und Führungswechsel haben für die politische Stimmung also keine sichtbaren Konsequenzen. Die FDP verliert dagegen zum dritten Mal in Folge und kommt auf jetzt nur noch vier Prozent. Zwischen dem Osten und Westen Deutschlands nähern sich die Stimmungswerte jeweils beider großer Parteien weiter an.

In der auf Grund langfristiger Erkenntnisse errechneten Projektion („Wenn am Sonntag tatsächlich gewählt würde“) hat sich die Distanz zwischen Union und SPD zum Jahresende noch weiter vergrößert: Die CDU/CSU steht bei 46 Prozent – ein Niveau, das zuletzt vor Bekanntwerden ihrer Spendenaffäre vor nunmehr mehr als drei Jahren erreicht wurde. Gleichzeitig muss die SPD im dritten Monat in Folge Einbußen hinnehmen: Mit jetzt 32 Prozent fallen die Sozialdemokraten auf den schlechtesten Wert seit Mai 1996.

Bei der Leistungsbeurteilung von Regierung und Opposition fällt die Bundesregierung auf einen historischen Tiefstand: Die gemeinsame Arbeit von SPD und Grünen im Kabinett erhält auf der Skala von plus fünf bis minus fünf jetzt die Note minus 1,6; noch nie wurde seit Beginn des Politbarometers 1977 eine Bundesregierung so schlecht bewertet. Zwar befinden sich in der Einzelkritik beide Koalitionäre weiter auf Talfahrt, ein weiteres Novum ist jedoch, dass die SPD für ihre Tätigkeit im Regierungsbündnis mit einem Wert von minus 1,4 erstmals geringfügig schlechter eingestuft wird als die Grünen, die hier bei etwas schwächeren Verlusten zum Vormonat auf minus 1,3 kommen.

Die Opposition kann daraus allerdings kein Kapital schlagen: Die Union verschlechtert sich noch etwas stärker als die SPD und erhält für ihre parlamentarische Arbeit jetzt die Note minus 0,2. Die Freien Demokraten fallen auf einen Wert von minus 1,3. Ein Minus für Regierung und Oppositionsparteien gab es zuletzt vor fünfeinhalb Jahren. 67 Prozent der Befragten und selbst 50 Prozent der SPD-Anhänger meinen, die Sozialdemokraten seien eher zerstritten. Insgesamt nur noch 27 Prozent sprechen von parteiinternem Konsens. Zum ersten Mal wird Gerhard Schröder als Politiker von den Deutschen negativ beurteilt. Er kommt auf minus 0,3. Als letzter Kanzler hatte Helmut Kohl im Juli 1998 ein negatives Image.

Wichtigstes Thema ist der Arbeitsmarkt (71 Prozent), gefolgt von Wirtschaftslage (19 Prozent) und „Politikverdruss, Affären und politische Akteure“ (16 Prozent). Die Ursachen der Arbeitslosigkeit werden nicht nur auf die globale Wirtschaftslage zurückgeführt, sondern zunehmend bei der Regierung gesucht: Bei der Frage nach der Verantwortung nennen nach 24 Prozent vor genau einem Jahr und 30 Prozent im Mai jetzt 36 Prozent die Regierung.Tsp

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