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Politik: Der Ton wird leiser

Polen: Gedenkstätte gegen Vertreibung denkbar

Warschau - Auch wenn in Berlin gerade angestrengt über das geplante Zentrum gegen Vertreibung und vor allem die Besetzung des Planungsgremiums gestritten wird – in Polen finden sich das Thema Deutschland dieser Tage nur auf den hinteren Seiten der Zeitungen wieder. Nach der Parlamentswahl und angesichts der Regierungsbildung ist das Land mehr mit sich selbst beschäftigt, was kein Nachteil sein muss. Die Scharfmacher der Kaczynski-Regierung in Sachen Deutschland lecken ihre Wunden. Das heißt, nun kommen wieder die besonnenen Geister zu Wort, deren Stimmen angesichts der alles übertönenden Kampfrhetorik der Warschauer Zwillinge zwei Jahre kaum zu hören waren.

So analysiert der Deutschland-Experte Piotr Buras in der linksliberalen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ die Probleme, die auch in Berlin bei der Nennung des Namens Erika Steinbach auftauchen. Doch er erkennt, dass ein „sichtbares Zeichen“ gegen Vertreibung kaum ohne Zusammenarbeit mit dem Bund der Vertriebenen gesetzt werden kann. Also spricht Buras sich für einen Vertreter der Organisation im Beirat aus – allerdings dürfe dies nicht die Präsidentin Steinbach sein. Auch die Tageszeitung „Dzennik“, während der vergangenen Monate in Sachen Deutschland eher auf Kaczynski-Linie, zeigt sich versöhnlich. Sie gibt sich unter Berufung auf Berliner Regierungskreise überzeugt, dass die als Teil des Projekts geplante Ausstellung angesichts der Finanzierung durch die Bundesregierung keine für Deutschlands östliche Nachbarn verletzenden Inhalte aufweisen werde.

Unterschätzt wird in Deutschland, welche Emotionen der Name Erika Steinbachs in Polen hervorruft. Sie ist während der Regierungszeit Kaczynskis zum Gesicht der Vertriebenen geworden, die versuchen, auf Umwegen an ihren verloren gegangenen Besitz zu gelangen. Die Logik ist im Falle des Vertriebenenzentrums durchaus einleuchtend: Würde sich Polen an der Planung für ein Zentrum gegen Vertreibung beteiligen, würde von Warschau die Vertreibung der Deutschen anerkannt und hätte unweigerlich deutsche Entschädigungsforderungen zur Folge. Zudem ist vielen Polen der Eifer mancher Deutscher suspekt, mit dem diese die Anerkennung als Vertriebene durchkämpfen wollen. Der Verdacht lautet, hier werde versucht, sich vom Täter zum Opfer zu machen. Knut Krohn

Knut Krohn

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