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Prost! Münchens OB Christian Ude (SPD, links) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf dem Oktoberfest. Foto: pa/dpa

© picture alliance / dpa

Politik: Der Ude soll’s machen

Münchens Oberbürgermeister bringt sich für eine Kandidatur gegen Horst Seehofer ins Spiel

Seit vielen Jahren bittet die bayerische SPD ihren beliebtesten Genossen im Freistaat, auf die Landesbühne zu wechseln und die Partei aus dem Jammertal zu führen. Seit ebenso vielen Jahren holte sie sich eine Abfuhr – denn Christian Ude blieb viel lieber Münchner Oberbürgermeister im Rathaus am Marienplatz, zuletzt mit 66,8 Prozent der Wählerstimmen bestätigt und ausgestattet mit einer rot-grünen Stadtratsmehrheit.

Auf die jüngste Offerte von SPD-Landeschef Florian Pronold, der ihn als einen möglichen SPD-Spitzenkandidaten und damit als Herausforderer von CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer nannte, reagierte der 63-Jährige allerdings nicht wie gewohnt. Vielmehr wurde er mit den Worten zitiert, man solle als Politiker „nie nie sagen“. Weiter meinte er: „Natürlich soll man den bekanntesten Sozialdemokraten in Bayern in Erwägung ziehen.“ – Wenn Ude sich so äußert, dann ist das schon mehr als eine Dreiviertel-Zusage. In gut zwei Jahren, im Herbst 2013, wird in Bayern gewählt.

Der Hintergrund für diese Wende, die die SPD wohl selbst am meisten überrascht, liegt darin, dass Ude Ende 2014 ohne Beschäftigung sein wird. Dann kann er in München nicht zum fünften Mal seit 1993 für den OB-Posten kandidieren, weil er die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten hat. Mit dieser Perspektive dürfte es ihn reizen, Horst Seehofer herauszufordern. Denn klar ist, dass er als einziger bayerischer Sozialdemokrat auch in der konservativen Wählerschaft sehr geschätzt ist, und dass nur er diesen Bonus in zusätzliche Wählerstimmen ummünzen könnte. Dementsprechend nervös dürfte Seehofer das Geschehen verfolgen.

Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten denkt man in der Bayern-SPD, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann. Doch Wahl für Wahl werden die Genossen belehrt: Es kann. Erreichte die Spitzenkandidatin und spätere Bundesministerin Renate Schmidt 1998 mit 28,7 Prozent ein denkbar schlechtes Ergebnis, stürzte der bundesweit unbekannte Franz Maget fünf Jahre später auf 19,6 und 2008 sogar auf 18,6 Prozent ab.

Vor zwei Jahren hat sich die Partei mit drei jüngeren Köpfen an der Spitze neu aufgestellt: Der 38-jährige Bundestagsabgeordnete Florian Pronold ist Parteichef, Markus Rinderspacher (42) steht der Landtagsfraktion vor, Generalsekretärin ist Natascha Kohnen (43). Sie leisten viel Sacharbeit und versuchen, die CSU etwa bei der Affäre um dubiose Meinungsumfragen im Auftrag der Staatskanzlei oder bei dem Bayern-LB-Skandal in die Enge zu treiben. Auch prangern sie immer wieder an, dass Bayern beim Angebot von Ganztagesplätzen in Kindergärten und Schulen keineswegs das „Premiumland“ ist, als das Seehofer es gerne bezeichnet.

Doch die Oppositionsarbeit findet meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. In den jüngsten Wahlumfragen vom Juni dümpelt die SPD zwischen 15 und 19 Prozent dahin, die Grünen liegen bei 18 bis 20. Und so blickte die Kabarettistin und Fastenrednerin Luise Kinseher in ihrer diesjährigen Premiere als „Mutter Bavaria“ beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg sorgenvoll auf „Florian und Markus“, die „Buben von der SPD“. Sie sagte: „Ihr seid ja imma no so kloan.“

Christian Ude indes, der in München schon länger OB ist als Helmut Kohl Bundeskanzler war, genießt seinen Job an der Stadtspitze außerordentlich. Für die Wähler verkörpert er gute Arbeit, sozialen Einsatz und eine oft ironisch gefärbte Münchner Intellektualität. Er steht für eine andere Art der „Marke Bayern“, die die CSU immer für sich in Anspruch genommen hatte. Die Beliebtheit des langjährigen Städtetagspräsidenten strahlt über die Stadt und auch über den Freistaat hinaus. Der Schwabinger ist Jurist, ausgebildeter Zeitungsredakteur und ein guter Hobby-Kabarettist. Auch schafft er den Fassanstich beim Oktoberfest regelmäßig mit bemerkenswerten zwei Schlägen. Allerdings wird in den letzten Jahren auch mehr und mehr sein Politikstil kritisiert, der zunehmend ins Monarchistische gleitet.

Wenn Ude antreten will, hat er absolute Vorfahrt. Seiner Partei wird er aber klare und harte Bedingungen vorgeben. Stärker als mancher Christsoziale unterstützt er etwa umstrittene Großprojekte. Dazu gehörte die gescheiterte Münchner Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018. Auch für den Bau der neuen Startbahn am Münchner Flughafen setzt er sich vehement ein – sehr zum Ärger vieler Gegner in der SPD. Als Mann an der Spitze wird er die Partei deutlich autoritär auf eine Linie bringen.

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