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Politik: Der ungeliebte Kompromiss

Beim Arbeitslosengeld II bleibt der Osten skeptisch – und auch Rot-Grün selbst will schon nachbessern

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Berlin - Die Begeisterung von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nach der nächtlichen Einigung im Vermittlungsausschuss über das Arbeitslosengeld II wollte am Donnerstag kaum jemand teilen – weder in der Koalition noch in der Opposition. Vorbehalte kamen hauptsächlich aus den neuen Bundesländern: Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) begrüßte den Kompromiss zwar grundsätzlich. Allerdings würden die Leistungskürzungen „erhebliche Auswirkungen“ sowohl im privaten Umfeld der Betroffenen als auch bei der Kaufkraft haben, sagte er dem Deutschlandfunk. Wie Thüringen im Bundesrat abstimmen werde, habe er noch nicht entschieden. Die PDS sah gar Kollisionen mit dem Grundgesetz, und auch die FDP lehnte den Kompromiss ab.

Bei den Verhandlungen hatte der Osten nach Angaben von Teilnehmern eine große Rolle gespielt, weil es in den neuen Ländern viele Arbeitslosenhilfebezieher gibt. Zusätzliche Finanzmittel wollten die Unterhändler jedoch nicht bereitstellen. Auf Regierungsseite verweist man darauf, dass im Dezember beschlossen worden ist, eine Milliarde Euro von den West- an die Ostländer zu transferieren, um Belastungen auszugleichen.

Damit die Hartz-IV-Reform nicht nur als Leistungskürzung bei den Betroffenen ankommt, drängen Unions-Politiker, aber auch die rot-grüne Koalition darauf, die Integration von Langzeitarbeitslosen auszudehnen. „Es ist klar, dass wir das Augenmerk aufs Fördern legen müssen“, sagt Grünen-Fraktionsvize Thea Dückert. Auch die SPD-Fraktion will die Programme zur Milderung sozialer Härten für jugendliche Arbeitslose und Langzeitarbeitslose finanziell aufstocken, nannte aber noch keine Zahlen. Aus der Regierung hieß es allerdings, bis zur Sitzung des SPD-Gewerkschaftsrates am kommenden Montag würden voraussichtlich noch keine konkreten Summen vorliegen. Zudem habe Finanzminister Hans Eichel zu Recht auf einen Nachweis gedrungen, wie die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden sollten.

Der DGB forderte, bis zum In-Kraft- Treten von Hartz IV Anfang 2005 die Kürzungen für Langzeitarbeitslose zu entschärfen und die Zumutbarkeitsregeln so zu ändern, dass Arbeit nur dann angenommen werden müsse, wenn sie auch angemessen bezahlt werde. DGB-Chef Michael Sommer wollte mit diesen Forderungen auch in ein für Donnerstag anberaumtes Gespräch mit SPD-Chef Franz Müntefering gehen.

Die hessische Arbeitsministerin Silke Lautenschläger (CDU) kündigte an, die Experimentierklausel für die Kommunen sofort umzusetzen. „Wir wollen zeigen, dass die Kommunen Langzeitarbeitslose besonders gut betreuen können“, erklärte sie. Vor allem Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte sich dafür eingesetzt, die Betreuung der Langzeitarbeitslosen komplett der kommunalen Ebene zu übertragen. In Hessen können fünf Landkreise oder kreisfreie Städte an Stelle der Bundesagentur Träger des Arbeitslosengeldes II werden.

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