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Politik: Der Untersuchungsausschuss kann. Wenn er denn will. (Kommentar)

Der Untersuchungsausschuss zur CDU-Spenden-AffäreRüdiger Scheidges Untersuchungsausschüsse gelten als schärfste Waffe der Politik, Missstände in den eigenen Reihen aufzuklären. Der Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre ist der erste seiner Art, der alle Mittel dazu in Händen hält.

Der Untersuchungsausschuss zur CDU-Spenden-AffäreRüdiger Scheidges

Untersuchungsausschüsse gelten als schärfste Waffe der Politik, Missstände in den eigenen Reihen aufzuklären. Der Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre ist der erste seiner Art, der alle Mittel dazu in Händen hält. Er ist ein Mehrheitsausschuss und hat so exzellente Chancen, bei der Regierung Einsicht in jene Akten zu beantragen, die von der CDU-FDP-Regierung beispielsweise beim Leuna-Deal unter Verschluss gehalten wurden. Besonders die Verkaufsmodalitäten schreien nach genauer Prüfung. Auch an die Protokolle des Bundessicherheitsrates in Sachen Panzerlieferung dürfte der Ausschuss nun herankommen.

Der zweite Startvorteil: Rechtshilfeersuchen zwischen der Staatsanwaltschaft Augsburg und jenen in Paris und Genf werden dem Ausschuss deren Ermittlungsergebnisse auf dem Tablett präsentieren. In den Fällen Leuna und Panzer zeichnet sich da ein großer Erkenntnisfundus ab. Gegenüber dem staatsanwaltschaftlichen Verfahren hat der Ausschuss einen kolossalen Vorteil: Er muss sich nicht auf strafrechtlich relevante Taten beschränken, sondern kann politische Verfehlungen und bereits verjährte Fälle ermitteln - auch das ein fruchtbares Feld.

Ob der Ausschuss seine Chance ergreift, ist dennoch fraglich. Die erste Unterlassung geschah bei der Konstituierung. Zwar wurde beschlossen, die Akten der Staatsanwaltschaft in Augsburg beizuziehen, nicht aber die der Bundesregierung. Alle Erfahrung lehrt, dass dies lange dauert. Auch der vorläufige Fahrplan zeugt von Weltfremdheit.

Zeugen will der Ausschuss erst vernehmen, wenn die 15 Ausschussmitglieder und ihre 15 Vertreter die Akten studiert haben, in drei Monaten. Wenn Helmut Kohl unbedingt schnellstmöglich vernommen werden will, hätte man seinem Vordrängeln stattgeben sollen. Zum einen, um seine Darstellung der Dinge zu hören, zum zweiten, weil jeder Zeuge einer Wiedervorladung Folge leisten muss. Sollte die Beweisaufnahme Fakten zu Tage fördern, die gegen Kohls Darstellung sprechen, lädt man ihn halt erneut vor. Außerdem: Was spricht dagegen, bereits jetzt die Herren Weyrauch und Kiep vorzuladen? Der Ausschuss muss nicht nur Akten lesen, sondern selber ermitteln: Bei den genannten Herren sind bereits jetzt die Anhaltspunkte für Vernehmungen offenkundig.

Zuerst einmal will der Ausschuss aber Urlaub machen. Hals- und Beinbruch.

Rüdiger Scheidges

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