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Politik: Der Wahlkampf von ’95 holt Sarkozy ein Brisante Aussagen zu Schmiergeldzahlungen

In einer Schmiergeldaffäre im Zusammenhang mit einem über fünfzehn Jahre alten Rüstungsgeschäft mit Pakistan richten sich immer dringlichere Fragen an Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Anlass sind Aussagen des früheren Verteidigungsministers Charles Millon, der vor einem Pariser Untersuchungsrichter die Existenz von „Retro-Kommissionen“ bestätigte, die 1994 bei der Lieferung dreier U-Boote im Wert von umgerechnet 850 Millionen Euro an das asiatische Land vereinbart worden waren.

In einer Schmiergeldaffäre im Zusammenhang mit einem über fünfzehn Jahre alten Rüstungsgeschäft mit Pakistan richten sich immer dringlichere Fragen an Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Anlass sind Aussagen des früheren Verteidigungsministers Charles Millon, der vor einem Pariser Untersuchungsrichter die Existenz von „Retro-Kommissionen“ bestätigte, die 1994 bei der Lieferung dreier U-Boote im Wert von umgerechnet 850 Millionen Euro an das asiatische Land vereinbart worden waren. Die Justiz vermutet, dass die Rückflüsse aus Schmiergeldzahlungen unter anderem für die Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfs des damaligen Premierministers Edouard Balladur bestimmt waren. Finanzdirektor in dessen Wahlkampfbüro war Sarkozy.

Millon war 1995 nach Jacques Chiracs Sieg über Balladur zum Verteidigungsminister berufen worden und hatte den Auftrag, alle von der vorigen Regierung geschlossenen Rüstungsgeschäfte auf verbotene Zahlungen zu überprüfen. Aufgrund von Geheimdiensterkenntnissen gewann Millon, wie er vor dem Richter sagte, die „intime Überzeugung“, dass Retro-Kommissionen im Spiel waren. Chirac stoppte darauf hin sofort alle Zahlungen, die sich auf zehn Prozent des Auftragswerts belaufen haben sollen. 2002 kam es dann wenige Tage nach Chiracs Wiederwahl in Karatschi zu einem Bombenattentat, bei dem vierzehn Menschen den Tod fanden, unter ihnen elf Ingenieure des staatlichen französischen Marinerüstungsamtes (DCN). Der Anschlag war lange Zeit Al Qaida zugerechnet worden, bis die französische Justiz 2008 auf geheime Berichte stieß, nach denen es sich bei dem Anschlag um einen Racheakt pakistanischer Militärs für entgangene Schmiergelder handeln soll.

Diese Berichte und die Erkenntnisse, die der Geheimdienst 1995 gewann, wurden dem Untersuchungsrichter, der seit Jahren die Hintergründe des Attentats von Karatschi aufzuhellen versucht, nie zur Verfügung gestellt. An der Aufklärung der politischen Seite der Affäre mit dem Rückfluss von Schmiergeldern bestand offenbar kein Interesse. Wegen Behinderung der Justiz und Unterdrückung von Beweisen erreichten die Hinterbliebenen der Opfer zwar die Eröffnung eines zweiten Untersuchungsverfahrens. Doch der zuständige Richter steht weiter vor einer Mauer. Der Zugang zu einem Bericht des parlamentarischen Ausschusses, der im Frühjahr über 60 Zeugen in nicht öffentlicher Sitzung zu der Affäre anhörte, wurde ihm unter Hinweis auf das Prinzip der Gewaltenteilung verweigert. Ebenso wurde ihm der Einblick in die Protokolle des Verfassungsrats verweigert, der 1995 Balladurs Wahlkampfkonto gegen das Votum einer Minderheit seiner Mitglieder absegnete.

Dennoch sickern immer mehr Details durch, die nicht zuletzt für Sarkozy peinlich sind. So wurden damals zehn Millionen Francs in bar auf Balladurs Wahlkampfkonto eingezahlt, die pauschal als Honorareinnahmen für Werbebeiträge in den Medien erklärt wurden. Für die Überweisung der Retro-Kommissionen waren in Luxemburg Scheinfirmen eingerichtet worden. Eine davon mit dem Decknamen „Heine“ soll direkt von Sarkozy beaufsichtigt worden sein. Nach Informationen des Internet-Informationsdienstes Mediapart sollen mehrere ehemalige DCN-Mitarbeiter vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt haben, dass eine Verbindung von „Heine“ zu einem Luxemburger Geldinstitut mit dem Namen Cedel bestanden habe, das später in Clearstream umgetauft wurde. Ein Geldhaus mit diesem Namen steht auch im Mittelpunkt der Affäre, in der Sarkozy den früheren Premierminister Dominique de Villepin wegen Verleumdung verklagt hat. Die Opposition spricht bereits von einer „Staatsaffäre“ und verlangt „völlige Transparenz“.

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