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Politik: Der Weg ist das Ziel

Spitzengespräch in Berlin: Merkel und Stoiber einigen sich über das Vorgehen bei der Gesundheitsreform

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Berlin - Roland Koch gibt sich überrascht. Ein Spitzengespräch der Parteichefs über die Gesundheitsreform? Na, da müsse er Edmund Stoiber doch mal fragen, sagt Hessens Ministerpräsident und eilt dem CSU-Chef im Foyer des Bundesrats hinterher. Zehn Minuten reden die beiden. Das Gespräch von CDU-Chefin Angela Merkel mit Stoiber dauerte bedeutend länger. Eine Stunde sprachen die beiden am Freitagmorgen in Merkels Büro im Bundestag unter vier Augen, nachdem die übliche Unions-Spitzenrunde gegen neun Uhr beendet war.

Ein Spitzengespräch zur Gesundheit? Im Umkreis Stoibers gibt man sich überrascht. Nein, vor allem habe man über den Streit um die Abschaffung des 3.Oktober geredet. Das war doch aber schon das Thema in der großen Unions-Runde! Kein Wort über den Gesundheitsstreit? Na ja – das Procedere einer Einigung zwischen CDU und CSU sei schon angesprochen worden.

Es war jedenfalls das einzige Thema, das Merkel und Stoiber im Ernst unter vier Augen zu bereden hatten. Nach zwei Expertenrunden, von denen die eine gewisse Annäherung, die zweite aber nur wieder einen zähen Zahlen-Stellungskrieg in alten Gräben ergeben hatte, war ein Wort von oben fällig. Und zwar vor allem zum Procedere. Das hatte sich nämlich mehr und mehr als Kommunikationsdesaster erwiesen: Vor jeder Runde großer Kameraauflauf, nach jeder Runde anonym verbreitete Propaganda darüber, was dort angeblich beschlossen und wer sich damit durchgesetzt habe.

Mit dieser öffentlich zelebrierten Selbstzerstörung soll es ein Ende haben. „Es soll keine Schaurunden mehr geben“, sagt ein Unionsmann. Ob die bisherige Vierer-Runde unter Leitung der Generalsekretäre überhaupt noch einmal amtlich zusammentritt, ist ungewiss. Eher wird daran gedacht, die Fachleute intern beraten und berechnen zu lassen.

Wie weit Stoiber und Merkel die völlig unterschiedlichen inhaltlichen Vorstellungen über eine Gesundheitsreform auf Konsenspotenzial abgeklopft haben, ist vorerst unklar. Beide seien sich einig gewesen, dass Konsens nötig sei, heißt es nur – will sagen: CDU und CSU sollen jedenfalls nicht mit zwei unterschiedlichen Modellen ins Wahljahr 2006 gehen. Nachgedacht haben die zwei Parteichefs aber offenbar über ein Konsensmodell, das den Vorzug der Einigung mit dem Vorzug vereinen würde, dass keine Seite allzu weit nachgeben müsste: Es könnten ja auch, heißt es, „einzelne Punkte frei bleiben“. Will sagen: Man lässt besonders strittige Dinge in der Schwebe, formuliert lediglich denkbare Alternativen und verweist darauf, dass die Reform ohnehin Gegenstand von Koalitionsverhandlungen mit der FDP werden müsse.

Ein Weg, den Koch freilich nicht empfiehlt. Wenn man mit der Gesundheitsreform vor die Wähler treten wolle, müsse sie schon „glaubhaft mit Mathematik unterlegt“ sein. Ein wenig Raum lässt aber auch er: Bis ins letzte Detail müsse das Konzept nicht durchgerechnet sein. Ein „Wahlkampfthema erster Kategorie“ sei die Gesundheitsreform ohnehin nicht. Aber es lohne sich, hart darum zu ringen, um die Reformbereitschaft der Union zu illustrieren. Koch findet auch, dass die Einigung zwar vor dem CDU-Parteitag Anfang Dezember, nicht unbedingt aber bis zum CSU-Parteitag zwei Wochen vorher stehen muss. Angepeilt wird der frühere Termin von den Parteispitzen aber schon. Zumal ein Hindernis schon an diesem Samstag beseitigt wird: Da will sich Horst Seehofer als Chef der Christlich-Sozialen Arbeitnehmerschaft (CSA) wiederwählen lassen. Gut möglich, dass dem härtesten Gegner von Merkels Kopfpauschale danach ein Kompromiss leichter fällt.

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