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Ein US-Kampfjet fliegt über eine Basis in Litauen hinweg. Die Nato will ihr Engagement in Osteuropa verstärken.

© Ints Kalnins/Reuters

Der Westen und Russland: "Abschreckung und Dialog"

Das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen ist fast so angespannt wie im Kalten Krieg. Die Nato stellt sich darauf ein.

Wenn die Staats- und Regierungschefs aus sieben großen Industriestaaten am Donnerstag in Japan zusammenkommen, wird Russlands Präsident Wladimir Putin wieder nicht mit am Tisch sitzen. Eine mögliche Rückkehr Russlands, die aus den G7 wieder die G8 machen würde, steht nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen nicht auf der Tagesordnung: Das sei „derzeit kein Thema“, heißt es in Berlin. „Russland wurde im Zusammenhang mit der Annexion der Krim und der Aggression im Donbass aus den G8 ausgeschlossen. Diese Problematik besteht nach wie vor.“

Dagegen sucht die Nato wieder das direkte Gespräch mit Moskau. Im April tagte der Nato-Russland-Rat zum ersten Mal seit dem Beginn des Ukrainekonflikts wieder. Die Außenminister des transatlantischen Bündnisses einigten sich auf ein weiteres Treffen mit Russland noch vor dem Nato-Gipfel in Warschau im Juli. Die Initiative zu diesem Dialogangebot ging vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aus. Er halte es für wichtig, sich über die unterschiedlichen Sichtweisen auf Probleme auszutauschen, auch wenn diese vorerst nicht gelöst werden könnten, sagte Steinmeier. Doch dieses Angebot wurde in Moskau nicht gerade positiv aufgenommen. Außenminister Sergej Lawrow betonte, der Nato-Russland-Rat könne nur in gegenseitigem Einvernehmen einberufen werden. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Alexej Puschkow, kritisierte umgehend, das Bündnis brauche das Treffen des Nato-Russland-Rates „nur für die Sichtbarkeit des Dialogs und als Deckmantel für aggressive Beschlüsse in Warschau“. Angesichts der verärgerten Reaktion in Moskau ist noch nicht klar, ob es tatsächlich noch vor dem Nato-Gipfel am 8. und 9. Juli zu einem weiteren Gespräch der Nato-Botschafter mit ihrem russischen Kollegen kommt.

Nato will Präsenz in Osteuropa verstärken

Die Nato will auf ihrem Gipfel in Warschau eine verstärkte Präsenz in Osteuropa beschließen. In Moskau sieht man die Pläne kritisch. Das Bündnis argumentiert, dass die Pläne nicht gegen die 1997 unterzeichnete Nato-Russland-Grundakte verstießen. In dem Abkommen hatte sich das Bündnis gegen eine „dauerhafte“ Stationierung weiterer „substanzieller Kampftruppen“ ausgesprochen. Die neuen Nato-Truppen in Osteuropa sollen daher nicht auf Dauer bleiben, sondern rotieren. Auch die Bundeswehr soll sich daran beteiligen, das Verteidigungsministerium in Berlin plant die Entsendung von Soldaten nach Litauen.

Russland sieht in diesen Plänen einen Verstoß gegen im Rahmen der Nato-Osterweiterung getroffene Zusagen des Bündnisses. Aus Sicht der Nato ist eine Verstärkung der Präsenz in Osteuropa dagegen nur die logische Antwort auf die veränderte sicherheitspolitische Lage in Europa nach der russischen Intervention in der Ukraine. Was nach dem Ende des Kalten Krieges undenkbar wurde, eine direkte militärische Bedrohung eines europäischen Staates, scheint nun nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen zu sein.

Ein Treffen des Nato-Russland-Rates soll auch dazu dienen, diese Pläne Moskau noch vor dem voraussichtlichen Beschluss in Warschau zu erläutern. „Unser Umgang mit Russland basiert auf der Zweigleisigkeit von Abschreckung und Dialog“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Auch der geplante Nato-Beitritt Montenegros stößt im Kreml auf Ablehnung. Und die Tatsache, dass zum Außenministertreffen des Bündnisses am Freitag ebenfalls Vertreter der Nichtmitglieder Schweden und Finnland geladen waren, wird man in Moskau sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen haben. Mit scharfer Kritik reagierte der russische Präsident Wladimir Putin auf die Inbetriebnahme eines Teils der von den USA vorangetriebenen Raketenabwehr in Rumänien vor zehn Tagen. Putin lässt die russische Regierung prüfen, wie sie dieser Bedrohung der Sicherheit Russlands ein Ende setzen“ könne. Es ist davon auszugehen, dass der Kreml die Verteidigungsausgaben weiter erhöht.

EU entscheidet über Verlängerung der Sanktionen

Auch das Verhältnis der Europäischen Union zu Russland ist wegen Moskaus Rolle im Ukrainekrieg schwer belastet. Ende Juli laufen die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen aus, im Juni muss über eine mögliche Verlängerung entschieden werden. In einzelnen EU-Staaten wächst die Kritik an den Strafmaßnahmen. Doch bisher hat sich kein EU-Land gefunden, das aus dem Kurs der 28 Staaten ausscheren und tatsächlich ein Veto gegen eine Verlängerung der Sanktionen einlegen würde. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten im vergangenen Jahr eine Lockerung oder gar Aufhebung der Sanktionen an die Einhaltung des Minsker Abkommens für eine Waffenruhe und einen Friedensprozess in der Ostukraine gekoppelt. „Die Sanktionen hängen an der Umsetzung von Minsk“, wird auch in Berliner Regierungskreisen betont. Doch von einer Einhaltung des Abkommens ist Russland noch weit entfernt. Daher gilt es als wahrscheinlich, dass die EU im Juni die Sanktionen um ein weiteres halbes Jahr verlängert. In der Vergangenheit hätten sich EU und USA im Umgang mit den Sanktionen eng abgestimmt, heißt es in Berlin. Das Thema soll daher auch beim G-7-Gipfel in Japan in der kommenden Woche zur Sprache kommen.

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