zum Hauptinhalt

Politik: Des Kalifen neue Kleider

Metin Kaplan erschien vor Gericht in der Türkei ohne Turban und im Anzug. Die Aussage verweigerte er

Das fängt ja gut an, mag sich der Richter am Istanbuler Schwurgericht am Mittwochmorgen gedacht haben. Vor ihm saß Metin Kaplan, als „Kalif von Köln“ ein bekennender Islamist und Gegner der türkischen Republik – und wollte nicht aufstehen, um sich die Verlesung seines Haftbefehls anzuhören. Wenn er so weitermache, werde er von der Teilnahme am Prozess ausgeschlossen, drohte der Richter. Kaplan entgegnete, er sei krank. Erst als sein Anwalt Hüsnü Tuna versicherte, sein Mandant wolle das Gericht nicht beleidigen, entspannte sich die Situation. Zur Sache aussagen wollte Kaplan aber nicht.

Vor dem Gerichtsgebäude wirkte Kaplan wesentlich freundlicher – soweit er dies in Handschellen und Begleitung von mehreren Dutzend Polizisten überhaupt sein konnte. „Vielen Dank für Ihr Interesse“, sagte er den Fotografen und Kameraleuten. Schon am Vorabend, als er mit eigens angemietetem Learjet auf dem Istanbuler Flughafen landete, hatte er freundlich in die Menge aus Polizisten und Reportern gegrüßt. Beim Ausstieg hatte er noch seinen weißen Turban auf dem Kopf, der zu seinem Markenzeichen geworden ist. Am Mittwoch musste er ihn ablegen – schließlich ist er nur ein selbst ernannter Kalif und kein echter. Vor Gericht erschien er barhäuptig, in grauem Straßenanzug. Seine Gesinnung war nur am Bart und dem krawattenlosen, hoch geschlossenen Hemd zu erkennen.

Die Staatsanwaltschaft, die insgesamt 13 Verfahren gegen den „Kalifen“ bündelt, wirft ihm einen bewaffneten Umsturzversuch vor. Er soll Gefolgsleuten befohlen haben, bei den 75-Jahr-Feiern der Republik im November 1998 einen Anschlag zu verüben, der die gesamte Staatsspitze der Türkei auslöschen sollte. Zudem wollten Kaplans Anhänger in Istanbul angeblich zwei Moscheen besetzen.

Dennoch ist Kaplan aus der Sicht vieler Türken nur ein kleiner Fisch im großen Teich der Staatsfeinde. Unter Islamisten kennt das Land ganz andere Kaliber, etwa die mörderische Hisbollah oder die Drahtzieher der Istanbuler Bombenanschläge vom November. Was das öffentliche Interesse an Kaplan erregte, war die Weigerung deutscher Gerichte, ihn der türkischen Justiz zu übergeben. Einige Anhänger Kaplans wurden in der Türkei bereits verurteilt. Da dabei auch unter Folter erpresste Aussagen verwendet worden sein sollen, zweifelte die deutsche Justiz an einem fairenVerfahren. Inzwischen sagte Ankara zu, auf eine erneute Befragung Kaplans durch die Polizei zu verzichten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false