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Politik: Deutsch-polnische Versöhnung

Es war ein hartes Stück Arbeit. Fast ein halbes Jahr lang wurde verhandelt, mal in Warschau, mal in Berlin.

Es war ein hartes Stück Arbeit. Fast ein halbes Jahr lang wurde verhandelt, mal in Warschau, mal in Berlin. Im November und Dezember haben sich die Chefs der polnischen Versöhnungsstiftung und der Bundesstiftung für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter sogar oft wöchentlich getroffen. Der Aufwand hat sich gelohnt. Nach Tagesspiegel-Informationen haben sich die Vorstandsvorsitzenden Jerzy Sulek und Michael Jansen am Donnerstag auf ein Abkommen verständigt, das am heutigen Freitag in der polnischen Hauptstadt unterzeichnet werden soll. Damit wird ein finanzieller Schlussstrich unter die Mitte des Jahres verunglückte Zloty-Transaktion gezogen.

Im Juni waren innerhalb von drei Tagen 1,3 Milliarden Mark in die polnische Landeswährung getauscht worden. Wie sich kurze Zeit später herausstellte, zu einem ungünstigen Kurs. Der wiederum ging zu Lasten der Opfer, die deutlich weniger Geld erhielten als erhofft und vorgesehen. Jetzt sollen die entstandenen Verluste - ein dreistelliger Millionenbetrag - durch einmalige Zuzahlungen so weit wie möglich ausgeglichen werden. Finanziert wird die vorgesehene Kompensation ausschließlich aus den Zinserträgen der polnischen Entschädigungssumme. Die Bundesstiftung steuert dem Vernehmen nach etwa 100 Millionen Mark bei, die seit dem Zloty-Tausch durch Zinsen erwirtschaftet wurden und noch bis Herbst kommenden Jahres anfallen werden. Auch die Polen beteiligen sich an den Ausgleichszahlungen. Die Versöhnungsstiftung stellt zehn Millionen Mark zur Verfügung, Zinserträge aus dem von ihr verwalteten Vermögen. Das 27-köpfige Kuratorium der Bundesstiftung hat, so war zu erfahren, der Vereinbarung bereits zugestimmt.

Der nun ausgehandelte Kompromiss ist unter viel Mühen zustande gekommen. Lange Zeit hatte man sich nicht einigen können, wer für den finanziellen Schaden geradestehen muss. Gegenseitig schoben sich Deutsche und Polen die Schuld zu. Berlin berief sich darauf, dass man mit dem Umtausch der Entschädigung in Zloty einem ausdrücklichen Wunsch Warschaus gefolgt sei. Die andere Seite dagegen betonnte immer wieder, dem Tausch der gesamten Summe nicht zugestimmt zu haben. Der Streit eskalierte. Die Versöhnungsstiftung drohte mit Klagen. Ein Mitglied des Kuratoriums der Bundesstiftung erstattete Anzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden Michael Jansen wegen Betrugs. Die Gesprächsatmosphäre war gereizt, wenn überhaupt noch miteinander gesprochen wurde. Ein zähes, nervenaufreibendes Ringen.

Das änderte sich erst mit der Ablösung des polnischen Stiftungschefs Bartosz Jalowiecki und dem Regierungswechsel in Warschau im Oktober. Von da an stimmte die Chemie zwischen den Verhandlungspartnern wieder. Dass es dennoch nicht rasch zu einer Einigung kam, lag aus Sicht der Bundesstiftung nicht am Wollen. "Das Entschädigungsgesetz setzt uns einen engen Handlungsrahmen, wenn es um unvorhergesehene Zinszahlungen geht. Und ein Abkommen muss mit den vielen beteiligten Parteien etwa im Kuratorium zuvor abgestimmt werden."

Die Einigung ist in erster Linie für die ehemaligen Zwangsarbeiter in Polen eine gute Nachricht. Aber auch die deutsch-polnischen Beziehungen hatten zeitweise sehr unter dem Streit um den Zloty-Tausch gelitten. Selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte mehrmals öffentlich, den Konflikt rasch und einvernehmlich beizulegen. Ein nachvollziehbares Anliegen. Denn der Disput zwischen der Bundesstiftung und der Versöhnungsstiftung ließ deren ansonsten recht reibungslose und erfolgreiche Zusammenarbeit in den Hintergrund rücken: Bis zum Jahresende werden fast 250 000 polnische Zwangsarbeiter zumindest einen Teil ihrer Entschädigung erhalten haben.

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