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Politik: Deutsche Militärhilfe: Aus der Kanzlerrunde geplaudert

Eins hat Michael Glos erreicht: Die Regierung regt sich mächtig über ihn auf. Einen "Tölpel" schimpft der SPD-Fraktionschef Peter Struck den CSU-Landesgruppenchef, Außenminister Joschka Fischer ärgert sich darüber, dass vertrauliche Informationen öffentlich verbreitet würden, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye kündigt an, der Kanzler werde den Vorgang beim nächsten Treffen mit den Partei- und Fraktionschefs zur Sprache bringen, und SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt denkt laut darüber nach, ob man nach einem solchen "gezielten Vertrauensbruch" einen wie Glos überhaupt noch zu der Kanzlerrunde lassen werde.

Von Robert Birnbaum

Eins hat Michael Glos erreicht: Die Regierung regt sich mächtig über ihn auf. Einen "Tölpel" schimpft der SPD-Fraktionschef Peter Struck den CSU-Landesgruppenchef, Außenminister Joschka Fischer ärgert sich darüber, dass vertrauliche Informationen öffentlich verbreitet würden, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye kündigt an, der Kanzler werde den Vorgang beim nächsten Treffen mit den Partei- und Fraktionschefs zur Sprache bringen, und SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt denkt laut darüber nach, ob man nach einem solchen "gezielten Vertrauensbruch" einen wie Glos überhaupt noch zu der Kanzlerrunde lassen werde.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Gegenschlag - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Was alle aufregte, waren ein paar Sätze von Glos am Dienstagvormittag. Der CSU-Mann hatte vor Journalisten berichtet, dass der Kanzler die Partei- und Fraktionschefs - ausgenommen die PDS, die erst später und nur von Schröders Chef-Außenpolitiker Michael Steiner angerufen wurde - wieder einmal über den Stand der Kriegsdinge unterrichtet hatte. Man habe Vertraulichkeit vereinbart, die werde er nicht brechen. Aber ein paar Andeutungen ließ Glos eben doch fallen: dass der Bundestag "sehr wahrscheinlich" nach der zweiwöchigen Sitzungspause Anfang November einen Beschluss fassen müsse, und dass sich die deutsche Beteiligung "in einer Konkretisierungsphase" befinde.

Mehr Einzelheiten hat Michael Glos nicht genannt, die standen dafür anderntags in der "Bild"-Zeitung: Um ABC-Spürpanzer vom Typ "Fuchs" und Sanitäter hätten die USA die Deutschen ersucht. Was die Bundesregierung dementierte - es gebe nach wie vor keine konkrete Anforderung aus Washington -, die Grünen-Wehrexpertin Angelika Beer aber im Kern durchaus bestätigte: Es gebe eine "Konkretisierung der Erwartung" aus den USA, und die Bitte um Spürpanzer halte sie für eine "realistische Erwartung".

Hinweis auf US-Erwartungen

Die ABC-"Füchse" sind eine Art gepanzertes, fahrbares Labor zum Aufspüren von Atomverseuchung ebenso wie von Bio- und Chemiewaffen. Die Amerikaner könnten diese Radfahrzeuge gebrauchen, weil es Hinweise darauf gibt, dass die Terrorgruppe Bin Ladens in Afghanistan mit Bio- und Chemiewaffen experimentiert hat. Die Bitte um Sanitäter erscheint Fachleuten ebenfalls plausibel - wenn die US-Truppen eine Bodenoffensive beginnen, wird es Verwundete zu versorgen geben; dabei haben die Deutschen international einen guten Ruf. In informierten Kreisen wird davon ausgegangen, dass damit die amerikanische Wunschliste nicht abgehakt ist. Aber mehr als Mutmaßungen sind bisher auch unter der Hand nicht zu hören.

Am Mittwoch steht in Polit-Berlin ohnehin nicht der Krieg im Mittelpunkt, sondern die Aufregung über Glos. Der habe geplaudert, weil er vor der Berlin-Wahl noch mal Unruhe in die Reihen der Grünen habe tragen wollen, lautet der Tenor der Regierungsvorwürfe. Nur wegen Glos, sagt Heye, habe sich der Kanzler "gezwungen" gesehen zu erklären, dass Deutschlands Bündnistreue wohl "in Kürze" von den USA in Anspruch genommen werde.

Selbst in der Union fand Glos wenig Freunde. Die CSU und Fraktionschef Friedrich Merz nahmen ihn zwar öffentlich in Schutz. Hinter vorgehaltener Hand überwiegt allerdings die Kritik. Nur bei manchem Grünen herrscht stille Freude: Allemal besser für die strapazierten grünen Nerven, sagt einer, alle redeten lieber über innenpolitische "Nebenkriegsschauplätze" als über den wirklichen Krieg.

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