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Politik: Deutsche Ministerin: Israel verstößt gegen Völkerrecht

Wieder Luftangriffe im Libanon 100 Bundesbürger können Krisengebiet verlassen

Berlin/Beirut - Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat die Angriffe Israels im Libanon verurteilt. „Dass mittlerweile zivile Einrichtungen und Zivilisten in einem anderen Staat bombardiert werden, ist völkerrechtlich völlig inakzeptabel“, sagte sie dem Tagesspiegel am Sonntag. Sie forderte die israelische Regierung auf, „alles zu tun, die Zivilbevölkerung zu schützen“. Dazu sei Israel völkerrechtlich verpflichtet.

Indirekt kritisierte die Ministerin das Verhalten der USA im UN-Sicherheitsrat. Dieser hatte am Freitag seine Dringlichkeitssitzung zu Israels Offensive ohne die Forderung nach einem Waffenstillstand beendet und nur die Entsendung eines UN-Vermittlerteams durch Generalsekretär Kofi Annan begrüßt. Wieczorek-Zeul sagte: „Wie wollen wir glaubwürdig bei anderen Problemen den Sicherheitsrat befassen, wenn er in der Frage der explosiven Gefahr im Nahen Osten an einer Entscheidung gehindert wird?“

Israel setzte den nicht erklärten Krieg gegen den benachbarten Libanon am Samstag mit aller Härte fort. Nahe der südlibanesischen Hafenstadt Tyrus verbrannten nach UN- und Krankenhausangaben 20 flüchtende Zivilisten, unter ihnen neun Kinder, bei lebendigem Leibe, als ein israelischer Kampfhubschrauber sie beschoss. Insgesamt starben am Samstag bei den Angriffen 34 Zivilisten. Der Beschuss libanesischer Ziele an der Grenze zu Syrien schürte die Angst vor einer Ausbreitung der Kämpfe. Israels Militär und syrische Regierungskreise betonten aber, dass Einrichtungen in Syrien nicht getroffen worden seien.

Inmitten der israelischen Bombenangriffe verließen am Freitag und Samstag rund 100 Deutsche mit Hilfe der Bundesregierung den Libanon. Mehrere Konvois seien nach Syrien gefahren, teilte das Auswärtige Amt mit. Es bekräftigte seine Reisewarnung für den Libanon.

Vor Beginn des G-8-Gipfels in St. Petersburg nannte US-Präsident George W. Bush Kritik an Israel wegen eines unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt im Libanon „ungerechtfertigt“. Er forderte Syrien auf, die Hisbollah-Miliz dazu zu bewegen, ihre Waffen niederzulegen. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte: „Wir haben den Eindruck, dass Israel über die Befreiung der Soldaten hinaus weitere Ziele verfolgt“. Frankreichs Präsident Jacques Chirac regte eine Pufferzone unter internationaler Aufsicht zwischen Israel und dem Libanon an. Bei einem Krisentreffen der Arabischen Liga forderten die Außenminister die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates. Libanons Premier Fuad Saniora rief zu einem sofortigen Waffenstillstand unter UN-Patronat auf.

Israel hatte die Offensive im Libanon eingeleitet, nachdem die Hisbollah am Mittwoch zwei israelische Soldaten verschleppt hatte. Der frühere UN-Sonderermittler Detlev Mehlis geht davon aus, dass Syriens Regierung in die Entführung eingeweiht war. „Aus meiner Kenntnis der Situation bezweifle ich, dass die Hisbollah die Entführung ohne zumindest Kenntnis syrischer Regierungskreise durchgeführt hat“, sagte der Berliner Oberstaatsanwalt dem Tagesspiegel am Sonntag. hmt/win/Tsp

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