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Politik: Deutsche Soldaten für Südsudan?

Verteidigungsminister will einen Bundeswehreinsatz im Krisengebiet Darfur nicht ausschließen

Von Robert Birnbaum

„Deutschland muss nicht an der Spitze stehen, wenn es irgendwann um eine Erweiterung des UN-Einsatzes nach Darfur gehen sollte“, sagte der Bundesverteidigungsminister. „Aber heraushalten sollten wir uns nicht.“ Das war ziemlich genau vor einem Jahr, und der Minister hieß Peter Struck.

Damals war von einer Erweiterung des UN-Einsatzes in der Krisenregion erst im Konjunktiv die Rede. Inzwischen sind die Pläne konkret geworden; der Sudan-Beauftragte der Vereinten Nationen, Jean-Marie Guehenno, hat den Einsatz einer Friedenstruppe von rund 17 000 Mann empfohlen. „Ich kann nicht ausschließen, dass wir für den Südsudan auch angefragt werden“, sagt jetzt Strucks Nachfolger Franz Josef Jung der „Bild am Sonntag“. Ein Fall von Kontinuität in der Außen- und Sicherheitspolitik also gewissermaßen.

Für die Bundeswehr könnte das auf die Ausweitung eines Einsatzes hinauslaufen, der in kleinstem Maßstab sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit schon im Gange ist. Anfang April verlängerte der Bundestag das Mandat für bis zu 75 deutsche Soldaten bei der UN-Friedenstruppe UNMIS. Aktuell im Einsatz sind nur knapp 30 Mann als Militärbeobachter und Transporthelfer. UNMIS soll einerseits den Friedensprozess im Südsudan unterstützen, wo nach langem Bürgerkrieg die Kriegsparteien im Jahr 2005 Frieden schlossen und sich auf einen Weg hin zu einem demokratisch legitimierten Staat einließen. UNMIS ist aber mittelfristig darauf angelegt, auch in der Region Darfur tätig zu werden.

Dabei formuliert Jung jetzt sehr zurückhaltend. Er plädiere für Truppen der Afrikanischen Union: „Der Friedensprozess im Sudan sollte ein afrikanisches Gesicht haben.“ Darin liegt allerdings genau das Problem, das die Vereinten Nationen auf den Plan gerufen hat. Rund 7000 Soldaten der Afrikanischen Union (AU) sind derzeit in dem Krisengebiet stationiert, um etwa zwei Millionen im eigenen Land Vertriebene vor weiteren Massakern und Überfällen zu schützen. Doch die Afrikaner gelten als überfordert.

Am Rande des AU-Gipfels in Gambia, der am Sonntag endete, wollte UN- Generalsekretär Kofi Annan deshalb die sudanesische Regierung dazu bringen, einer größer angelegten UN-Mission in Darfur zuzustimmen. Parallel läuft eine Anfrage bei der Nato nach Truppen für die Friedenstruppe. Eine Zusage wollen aber etliche Nato-Staaten, darunter Großbritannien, von der Einwilligung der sudanesischen Zentralregierung abhängig machen.

Wie ein Engagement der Bundeswehr aussehen, welche Einheiten daran teilnehmen könnten, sind Fragen, die sich noch gar nicht beantworten lassen. Viel mehr als den Willen der UN, von Anfang 2007 an tätig zu werden, gibt es bisher nicht. Völlig offen ist deshalb auch, woher deutsche Truppen für ein weiteres Engagement im Ausland kommen könnten – und ob angesichts der auch von Jung bestätigten Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan nicht dann, wenn es so weit ist, ganz andere Prioritäten gesetzt werden müssten.

Immerhin, an zwei fernen Fronten könnte demnächst Entlastung kommen. Die gerade erst ausgerückte Kongo- Truppe soll bis dahin zurück sein: „Zu Weihnachten ist die Truppe wieder daheim“, versprach Jung noch einmal, kurz bevor er zu einem Besuch bei den Vorkommandos aufbrach. Und auf dem Balkan könnte die Bundeswehr in absehbarer Zeit ihre Mannstärke reduzieren. Er wolle „keine falschen Signale senden“, sagt der Minister. In Bosnien wird schließlich im Oktober gewählt. „Aber wenn wir dort und im Kosovo eine positive Entwicklung zu verzeichnen haben, müssen wir danach über eine Strategie des stufenweisen Abzugs unserer Soldaten nachdenken.“

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