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Undatiertes Bild: Der Deutsche Jens Söring.

© dpa

Deutscher seit mehr als 20 Jahren in US-Haft: Politiker kämpfen für die Haftüberstellung von Jens Söring

Seit mehr als 20 Jahren sitzt der Deutsche Jens Söring im US-Staat Virginia in Haft. Seine Fürsprecher setzen nicht mehr auf stille Diplomatie.

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An Lobbyisten in Deutschland mangelt es Jens Söring nicht. 54 Bundestagsabgeordnete trommelte allein Christoph Strässer zusammen, Sprecher für Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion. Sie alle setzten sich für den Deutschen ein, der seit 1990 wegen Doppelmordes in den USA einsitzt – und mit allen Versuchen scheiterte, seine Überstellung aus einem Gefängnis im Bundesstaat Virginia nach Deutschland zu erreichen.

Gemeinsam schrieben die Politiker aus allen Fraktionen im Juni einen Brief an den Gouverneur von Virginia, Robert McDonnell, erbaten „demütig“ und als „Zeichen unserer Freundschaft“ eine Bewährung oder Rückführung von Söring. „Eine bedeutende humanitäre Geste“ erhofften die Abgeordneten – sie wüssten, dass diese ihm nicht leicht falle, aber sie würde deshalb „umso höher geschätzt“.

Unterzeichner waren unter anderem Grünen-Chefin Claudia Roth, Linksfraktionschef Gregor Gysi, Wissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU), der frühere Staatsminister Gernot Erler (SPD), Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sowie Tom Koenigs (Grüne), Chef des Menschenrechtsausschusses. Eine Antwort bekamen sie nicht.

Aus der US-Botschaft in Berlin, die eine Kopie erhalten hatte, ging nicht mal eine Empfangsbestätigung ein. Strässer ist in der Angelegenheit inzwischen nach eigenem Bekunden „verzweifelt“. Unterm Strich, so Strässer zum Tagesspiegel, habe die stille Diplomatie in den vergangenen Jahren „nicht zu irgendeinem Ergebnis geführt, so bitter das ist“. Den Politikern in Virginia bescheinigt Strässer „schiere Rachegedanken“, sie seien „knochenhart“.

Söring, Sohn eines deutschen Diplomaten, in Bangkok geboren, soll 1985 in Detroit die Eltern seiner damaligen Freundin umgebracht haben. Ein Geständnis hat er widerrufen, er behauptet seine Unschuld. Zuletzt hatte Mitte Juli einen Bezirksgericht in Richmond Sörings Antrag auf Haftüberstellung abgelehnt. Im Herbst wird entschieden, ob das Oberste Gericht des Bundesstaats eine Berufung zulässt. Söring sagte der „Süddeutschen Zeitung“ ernüchtert, er könne sich „nicht leisten, von einer Zukunft zu träumen, die ich vielleicht nie haben werde“. Sörings Bonner Anwalt Christian Mensching erläutert, selbst wenn Söring nach Deutschland überstellt würde, gebe es „keinen Automatismus“ für eine Freilassung. Ein entsprechendes Verfahren würde sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Deutsche Politiker verfolgen den Fall tapfer weiter. Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Markus Löning (FDP), kennt Söring persönlich. Er steht mit ihm in Briefkontakt und hat ihn auch im Gefängnis besucht – zuletzt im Februar 2011. „Nach unserem Rechtsempfinden hat Söring seine Strafe abgegolten, zumal er zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt war“, sagte Löning dem Tagesspiegel.

Vor einem deutschen Gericht wäre Söring vermutlich nach Jugendstrafrecht verurteilt worden, fügte er hinzu. Ob Söring Chancen hat, in der Berufungsinstanz doch noch eine Haftüberstellung zu erreichen, vermag Löning nicht zu sagen. „Meine Hoffnungen ruhen vor allem auf den Bewährungsausschuss in Virginia“, sagte er.

Dort hat Söring in diesem Jahr noch einen Termin. Würde ihm der Ausschuss Bewährung zugestehen, könnte Söring direkt nach Deutschland überstellt und auf freien Fuß gesetzt werden.

Buundesndestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) schrieb in einem Brief an Söring, sie hoffe auf eine US-Entscheidung „im Sinne der transatlantischen Verständigung“.

Verhalten bleibt Amnesty International. USA-Expertin Maja Liebing sagte, es gebe – Stichwort Todesstrafe – so viele Missstände im US-Justizwesen, der Fall stehe daher nicht im Fokus. Die Initiativen in Deutschland würden zwar begrüßt. Ein „gewaltloser politischer Gefangener“ sei Söring aber nicht. „Es gibt keine Hinweise, dass er unschuldig ist.“

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