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Politik: Deutsches Kind – deutscher Pass?

Justizministerin Brigitte Zypries bringt Gesetz gegen Scheinvaterschaften ins Bundeskabinett

Berlin - Über Korrekturen im Zuwanderungsgesetz sind sich SPD und Union noch lange nicht einig. Auch wenn die große Koalition die Beratungen darüber eigentlich noch im Herbst abschließen will. Mit einem Gesetzentwurf allerdings, der am Dienstag im Kabinett zum Beschluss vorliegt, kommt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) jetzt schon einer migrationspolitischen Forderung der Union nach: Scheinvaterschaften sollen angefochten werden können.

Eine ausländische Frau, so schildert Zypries ein Beispiel für das, was künftig unterbunden werden soll, lebt mit ihrem vierjährigen Sohn als alleinerziehende Mutter in Deutschland. Ihre Aufenthaltsgenehmigung läuft ab und wird nicht verlängert. Um Deutschland nicht verlassen zu müssen, zahlt sie einem Obdachlosen mit deutscher Staatsangehörigkeit Geld dafür, dass er die Vaterschaft für ihren Sohn anerkennt. Weder die Mutter noch der „frisch gebackene“ Vater haben ein Interesse daran, dass letzterer seinen „Sohn“ jemals treffen wird. Durch die Anerkennung wird der Sohn nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht automatisch deutscher Staatsbürger und seine Mutter darf dann auch in Deutschland bleiben. Soweit die Schilderung aus dem Hause Zypries.

Um solche Fälle zu verhindern, soll staatlichen Behörden jetzt das Recht eingeräumt werden, Vaterschaftsanerkennungen anzufechten – „wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre Beziehung noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt“. Angefochten werden darf aber nur, wenn erstens keine Beziehung zum Kind erkennbar ist. Das Fehlen der leiblichen Vaterschaft allein ist also kein Anfechtungsgrund. Und zweitens wenn tatsächlich die Anerkennung den Aufenthaltsstatus eines oder einer der Beteiligten verändert. Dadurch sollen, so Zypries, Missbrauchsfälle erfasst werden: „Sowohl leibliche als auch soziale Vaterschaften sind schützenswert. Vaterschaften, die allein anerkannt werden, um staatsangehörigkeits- und ausländerrechtliche Vorteile zu erlangen, sind es jedoch nicht.“ Binationale Partnerschaften sollten aber „keinesfalls“ unter Generalverdacht gestellt werden.

Den Regelungsbedarf für die Frage stützt Zypries auf eine Erhebung der Innenministerkonferenz, die den Zeitraum eines Jahres erfasst, von April 2003 bis März 2004. In dieser Zeit wurde 2338 unverheirateten ausländischen Müttern eines deutschen Kindes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Davon waren 1694 Mütter zum Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig. „Darunter“, so das Justizministeriums „sind auch Fälle von Vaterschaft ohne Verantwortungsübernahme zu finden“.

Dem rechtspolitischen Referenten der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Bernd Mesovic, ist nur der Verdacht als Kriterium für eine Anfechtung „ein bisschen zu wenig“. Zwar gebe es sicher Missbrauchsfälle, aber „bestimmt nicht alle knapp 1700“. Vielmehr müsse man befürchten, „dass da ein gewisser Wille zur Skandalisierung“ vorhanden sei. Dringender als die Frage der Scheinvaterschaften müsse die Koalition die Frage eines Bleiberechts für langjährig geduldete Flüchtlinge lösen. An diesem Problem aber scheiterte bislang eine Einigung der Koalition zum Zuwanderungsgesetz. Allerdings hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erst kürzlich ein Bleiberecht in Aussicht gestellt.

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