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Schickt Deutschland Bundeswehrsoldaten in Awacs-Überwachungsflugzeugen über Afghanistan einsetzen, um so die Nato zu entlasten?

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Update

Nach Libyen-Resolution: Deutschland erwägt offenbar Awacs-Einsatz in Afghanistan

Deutschland will bei einer Militäraktion gegen Libyen nicht mitziehen, aber eventuell Soldaten in Awacs-Überwachungsflugzeugen über Afghanistan einsetzen, um so die Nato zu entlasten.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat im Bundestag die Haltung Deutschlands verteidigt, sich nicht an einem Militäreinsatz in Libyen zu beteiligen. Die Entscheidung, sich im UN-Sicherheitsrat zu enthalten, sei der Bundesregierung nicht leicht gefallen, sagte er am Freitag in einer Regierungserklärung.

„Wir verstehen diejenigen, die sich aus ehrenwerten Motiven für ein internationales militärisches Eingreifen in Libyen ausgesprochen haben“, betonte er. In der Abwägung der Argumente sei die deutsche Regierung aber zum Ergebnis gekommen, dass die Risiken und Gefahren überwögen. „Wir werden uns nicht mit deutschen Soldaten an einem solchen Militärkampfeinsatz in Libyen beteiligen“.

Deutschland werde aber nicht einfach tatenlos zusehen. „Die Alternative zu einem Militäreinsatz ist, den Druck zu erhöhen, ist auch Sanktionen zu beschließen.“ Es gehe um schärfere Strafmaßnahmen gegen Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi. Sie müssten ausgeweitet werden und Finanz- und Wirtschaftsfragen umfassen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Enthaltung Deutschlands bei der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats zu Libyen verteidigt. Sie glaube, dass eine Luftoperation über Libyen „nicht hundertprozentig durchdacht“ sei, sagte Merkel am Freitag nach Teilnehmerangaben in einer Sondersitzung der Unionsfraktion zur Lage in Libyen. „Wir wünschen unseren Bündnispartnern viel Erfolg, weil wir die gleichen politischen Ziele verfolgen. Aber wir sind halt anderer Ansicht, was die Erfolgsaussichten des Einsatzes angeht“, wurde sie zitiert. „Unsere Herzen sind schwer. Das ist keine leichte Entscheidung, aber man muss immer bedenken, was am Ende passiert.“

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ließ im Anschluss an die Sitzung die Reaktion auf eine mögliche Nato-Anfrage nach einer deutschen Beteiligung an einem Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen im Zusammenhang mit Libyen offen. „Es ist bisher nicht klar, wer wann agiert. Deswegen stellt sich die Frage erst, wenn die Nato agiert“ und die Awacs-Flugzeuge gebraucht würden. „Wir werden einen Weg finden, die Bündnistreue klar zu dokumentieren. Militärische Optionen sollten nicht Gegenstand öffentlicher Einschätzungen von Verteidigungsministern sein.“

Die Bundesregierung erwägt aber eine Entlastung der Nato an anderer Stelle: durch den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Awacs-Flugzeugen in Afghanistan. Entsprechende Überlegungen hatten Merkel und Maizière nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion vorgetragen. Dafür wäre ein neues Bundestagsmandat notwendig.

Wenige Stunden zuvor hatte der Sicherheitsrat ein Flugverbot über dem nordafrikanischen Land beschlossen, um die Zivilisten vor der Luftwaffe des Machthabers Muammar al-Gaddafi zu schützen. Nach der Resolution ist militärisch fast alles erlaubt - bis auf Bodentruppen. Die Vetomächte Russland, China sowie Indien, Brasilien und auch Deutschland hatten sich bei der Abstimmung enthalten. Die Opposition begrüßte diese Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung.

Zur deutschen Enthaltung im Sicherheitsrat sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in Stuttgart: "Ich kann die Haltung von Herrn Westerwelle schon verstehen." Eine Militäraktion in Libyen berge eine Eskalationsgefahr. Wer in ein Land hineingehe, müsse auch wissen, wann die Intervention beendet sei. Die Erfahrung in Afghanistan zeige, wie schwierig das sei.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, sagte allerdings der Nachrichtenagentur dpa auch, dass es bisher üblich gewesen sei, in Krisen ein möglichst gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemeinschaft zu unterstützen. "Es war deshalb ein Fehler, dass Außenminister Guido Westerwelle die Drohung mit einer Flugverbotszone kategorisch ausgeschlossen hat." Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte es überfällig, dass mit der UN-Resolution die Sanktionen für Libyen verschärft werden. "Man muss Gaddafi den Ölhahn wirklich abdrehen." Die Grünen stünden einer militärischen Intervention aber weiter skeptisch gegenüber.

Die Vorsitzenden von Linkspartei und -fraktion, Gesine Lötzsch, Gregor Gysi und Klaus Ernst, kritisierten das Vorgehen des Sicherheitsrates scharf. Damit drohe aus dem Bürgerkrieg in Libyen ein "international geführter Krieg" zu werden. "So richtig es ist, Gaddafis mörderischem Treiben Einhalt zu gebieten, so falsch ist es, dies mit Krieg erreichen zu wollen", erklärten sie. Die Linke forderte die Bundesregierung auf, ihre Enthaltung im Sicherheitsrat nun in politisches Handeln umzusetzen und auf Großbritannien, Frankreich und die USA mäßigend einzuwirken.(dpa)

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