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Politik: Deutschland im UN-Menschenrechtsrat

Kritik an Wahl von China, Russland, Saudi-Arabien und Kuba in das neue Organ

Die UN-Generalversammlung hat Deutschland mit einem hervorragenden Resultat als Gründungsmitglied in den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt. Am Dienstagabend votierten 154 der 191 UN-Mitglieder für die Bundesrepublik.

Erforderlich waren 96 Stimmen. Die Berliner Bewerbung erhielt in der Gruppe der westeuropäischen und anderen Staaten die meisten Stimmen. Frankreich, Großbritannien und die Schweiz vereinigten ebenfalls die nötige Mehrheit auf sich. Insgesamt ziehen 47 Länder in das neueingerichtete höchste Menschenrechtsgremium der UN ein.

In den anderen regionalen Gruppen setzten sich teilweise Länder durch, denen Menschenrechtsgruppen vorwerfen, viele ihrer Bürger zu unterdrücken: China, Russland, Pakistan, Saudi-Arabien und Kuba werden auch dem neuen Rat angehören. Human Rights Watch hatte vor einer Wahl dieser Länder gewarnt. Der Iran fiel deutlich durch. Die USA hatten nicht für das Gremium kandidiert. Die Abstimmung erfolgte geheim, jede regionale UN-Gruppe erhielt ein festgelegtes Kontingent an Sitzen. Das Gremium soll sich für den Schutz der Grundfreiheiten überall auf der Welt stark machen.

Vor dem Votum regte sich Kritik an der neuen Einrichtung der Weltorganisation. Diplomaten und Menschenrechtsexperten setzten den Rat mit der Vorgängerorganisation, der alten UN-Menschenrechtskommission gleich. Die war in Verruf geraten, weil Unrechtsregime leicht in das Gremium gelangen konnten und sich dann gegenseitig vor einer Verurteilung schützten. Deshalb beschlossen die UN die Ablösung der Kommission durch den Rat. UN-Generalsekretär Kofi Annan hofft jetzt, dass der Rat mehr ist, als „alter Wein in neuen Schläuchen.“ Auch einer der geistigen Väter. „Nun ist der institutionelle Rahmen dafür gegeben, dass die Vereinten Nationen künftig sachgerechter mit den Menschenrechten umgehen können als bisher“, sagte der Berner Völkerrechtler Walter Kälin. Kälin hatte Berichte über einen neues Menschenrechtsgremium verfasst: Die Ausarbeitungen dienten der Schweiz als Grundlage für einen Vorschlag, den das Land bei den UN einbrachte. „Gemäß dem Schweizer Vorschlag hätte der Rat sogar Hauptorgan der UN werden sollen, was ihm noch mehr Autorität verliehen hätte“, erklärt Kälin. Die UN könne das Unterorgan der Vollversammlung aber immer noch aufwerten.

Die Mitglieder des Rates sollen sich erstmals am 19. Juni an ihrem Sitz in Genf treffen. Diplomaten gehen davon aus, dass sich das jüngste UN-Gremium erst einmal nicht mit seiner eigentlichen Aufgabe beschäftigt. „Zunächst sind viele Verfahrensfragen zu klären“, sagt ein Diplomat. Dabei erwarten die Unterhändler Auseinandersetzungen über die Befugnisse des Gremiums. Die Vollversammlung ließ in der Gründungsresolution des Rates viele Details offen. „Bestimmte Länder werden darauf achten, dass sich der Rat nicht zu sehr in ihre inneren Angelegenheiten einmischen wird“, prognostiziert ein westlicher Regierungsvertreter.

Um die offenen Fragen zu klären, werde der Rat eine Anlaufzeit benötigen. Doch die UN wollen auch in der Anlaufphase ihre Stimme gegen Unrechtsregime erheben: Diese Aufgabe fällt dann vermehrt der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, zu. Nach der Entscheidung für den Rat appellierte die Kanadierin an die zukünftigen Mitglieder: „Die Länder müssen den politischen Willen demonstrieren, die Verteidigung der Menschenrechte über ihre engen Interessen zu stellen.“

Jan Dirk Herbermann[Genf]

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