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Politik: „Deutschland kann nicht neutral sein“

Israels Botschafter Stein über den Libanon-Einsatz

Herr Botschafter, hat der Bundestag mit der Zustimmung zum Libanon-Einsatz eine im Verhältnis zu Israel historische Entscheidung getroffen?

Der Bundestag hat zunächst für die Bundesrepublik eine historische Entscheidung getroffen. Mit der Entsendung von deutschen Soldaten in den Nahen Osten entspricht er nicht nur dem Wunsch des israelischen, sondern auch des libanesischen Ministerpräsidenten. Wenn diese UN-Mission, an der sich nun auch Deutschland beteiligt, tatsächlich Erfolg hat, leistet sie auch einen Beitrag zur Sicherheit Israels. Dann würde durch die Entwaffnung der Hisbollah die Bedrohung aus dem Libanon beseitigt, der wir seit Jahren ausgesetzt sind.

Trägt der Einsatz deutscher Soldaten zur Sicherung der Existenz Israels bei?

Da muss ich etwas klarstellen: Die Existenz Israels hängt nicht von der Umsetzung dieser UN-Resolution ab. Wenn man von einer existenziellen Bedrohung des Staates Israel spricht, dann kommt diese Bedrohung aus dem Iran und seinem Streben nach nuklearen Waffen.

Sind die Deutschen als Teil der UN-Friedenstruppe für den Libanon neutral oder Partei im Sinne Israels?

In diesem Fall ergreift Deutschland Partei, um der UN-Resolution 1701 zur Wirkung zu verhelfen und den Libanon zu stabilisieren. Im Übrigen, wenn das Existenzrecht Israels zur Staatsräson der Bundesrepublik gehört, dann kann Deutschland im Nahen Osten nicht neutral sein.

FDP-Chef Guido Westerwelle warnt, deutsche Soldaten könnten in eine Situation kommen, in der sie auf israelische Soldaten schießen. Wie groß ist diese Gefahr?

Ich sehe diese Gefahr nicht, weil dieses Szenario völlig theoretisch ist. Ich halte es für ausgeschlossen, dass es zu einer Konfrontation von deutschem und israelischem Militär kommt. Die deutschen Soldaten werden nicht an der libanesisch-israelischen Grenze eingesetzt, sondern leisten ihren Dienst zur See.

Wie wertvoll ist die deutsche Hilfe?

Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag, um Waffenschmuggel über das Meer zu verhindern. Wir machen uns aber große Sorgen im Hinblick auf die Überwachung der syrisch-libanesischen Landgrenze, über die der Hauptstrom des Waffenschmuggels läuft. Die Hauptfrage ist, ob Syrien einen positiven Beitrag zur Implementierung der UN-Resolution leisten will und ein grundsätzliches Interesse an der Stabilisierung des Libanon zeigt. Die Bilanz der letzten Jahrzehnte macht uns da sehr skeptisch. Darüber hinaus stellt sich die Frage an den zweiten großen Lieferanten und Unterstützer der Hisbollah, den Iran: Entwickelt Teheran ein Interesse an der langfristigen Stabilisierung des Libanon?

Sehen Sie nach der Rede von Ahmadinedschad vor den UN Hinweise darauf, dass der Iran im Atomstreit einlenkt?

Nein. Zu dieser Hoffnung gibt es leider keinen Anlass. Wir sehen mit Bedauern auf die Tatsache, dass der Iran in den drei Jahren, seitdem die Europäer das Anreizpaket unterbreitet haben, weiter an der Anreicherung von Uran arbeitet. Die Staatengemeinschaft hat bislang ihre eigenen Beschlüsse nicht umgesetzt. Der Iran beharrt auf seiner Position, der Westen revidiert seine Positionen. Davon wird sich der Iran nicht beeindrucken lassen. Das Land muss klar vor die Alternative gestellt werden: entweder Kooperation oder Isolation. Die Stunde des Handelns ist schon längst gekommen.

Schimon Stein (58) ist seit Januar 2001 Botschafter in Deutschland. Der Diplomat, der früher Elitesoldat der israelischen Armee war, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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