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© dpa

Deutschland-Plan: Steinmeier versucht Merkel beizukommen

Der Job-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten ist der Versuch, Merkels Popularität mit Inhalten beizukommen.

Ob sich Frank-Walter Steinmeier in diesem Moment wünscht, seine Gastgeber von der Karl-Schiller-Gesellschaft hätten ein paar Kammermusiker ins alte Stadthaus geladen? Der SPD-Kanzlerkandidat sitzt in der ersten Reihe im Bärensaal, und wieder einmal geht es um viel. Gleich soll er eine Rede halten, von der sich seine gebeutelte SPD knapp zwei Monate vor der Bundestagswahl den Umschwung erhofft. In seinem Manuskript stehen deshalb Sätze von großer Ernsthaftigkeit und noch größerem Anspruch. Mit seinem „Deutschlandplan“, einem „Kursbuch für den Neustart der sozialen Marktwirtschaft“, will er nichts weniger als der Republik den Weg heraus aus der Krise und hinein in eine neue Gründerzeit weisen.

Zu all dem würde jetzt etwas Würdig-Getragenes passen, Haydn zum Beispiel. Aber das Trio da vorn spielt Tango, Charleston und Wiener Kaffeehausmusik. Das verleiht der Veranstaltung eine bizarre Note, noch bevor sie richtig begonnen hat.

Steinmeiers Stimme hallt leicht nach, als er im turmhohen Bärensaal nach einer Viertelstunde das Wort ergreift, freundlich begrüßt von einem der SPD gewogenen Publikum. Vor dem will Steinmeier die Antwort auf die Schlüsselfrage in diesem Wahlkampf geben. Sie lautet: Warum nur sollten die Wähler Angela Merkel durch Frank-Walter Steinmeier ersetzen?

Die Kurzfassung der Antwort haben seine Berater schon vorab unters Volk gebracht. Sie lautet: Weil Steinmeier weiß, wie man für vier Millionen neue Arbeitsplätze sorgt. Die Langfassung trägt der Mann im nachtblauen Anzug nun mit der ihm eigenen Gründlichkeit eine gute Stunde lang vor. Er hält sich dabei eng an sein Manuskript, arbeitet nach und nach acht Punkte ab, die es umzusetzen gelte, damit das ehrgeizige, „aber realistische Ziel“ von vier Millionen Jobs bis zum Jahr 2020 erreicht werden könne.

Steinmeiers wichtigster Ansatz ist der Umbau der deutschen Industrie zum weltweit führenden Anbieter energie- und ressourcenschonender Technologien. Kein Land sei besser vorbereitet, zum „Ausrüster der Welt für neue energiesparende Produkte und Maschinen zu werden“, sagt er. Kurzer Applaus, dann setzt der einstige Karrierebeamte sein Referat fort. Vieles, was nun folgt, hat man so oder ähnlich von der SPD schon gehört: Das Gesundheitswesen als Jobmotor, die Notwendigkeit zu Investitionen in Bildung, Ausbau der Infrastruktur, strengere Regeln für die Finanzmärkte. Und doch ist Steinmeiers Konzept für „die Arbeit von Morgen“ ein ernsthafter Versuch, Merkels Popularität mit Inhalten beizukommen, sie zur Auseinandersetzung in der Sache zu zwingen.

Ob das gelingen kann, hängt auch von der SPD selbst ab. Allerdings wirkt auch der Kandidat an diesem Montagnachmittag nicht sonderlich begeistert. Das mag an seinem westfälischen Temperament liegen. Man könnte aber auch auf den Gedanken kommen, Frank-Walter Steinmeier sei Realist genug, um zu wissen, dass er Angela Merkel mit Job-Versprechen nicht aus dem Amt hebeln kann. Und seine sie auch noch so gut begründet.

Als er im Bärensaal die letzen Sätze seiner Rede ins Mikrofon gesprochen hat, applaudieren ihm die Gäste ein, zwei Minuten lang. Dann sind wieder die drei Frohnaturen an der Reihe, diesmal mit einem Foxtrott: „Yes Sir, that´s my baby“.

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