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Politik: Deutschland sucht

Regierung hat noch keinen Kandidaten für Posten des Menschenrechtsbeauftragten – Roth: Armutszeugnis

Von Hans Monath

Berlin - Eine bislang geheime Absprache zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) sorgt für Turbulenzen bei der Besetzung wichtiger Funktionen im Auswärtigen Amt (AA). Die Posten des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung und des Koordinators für die deutsch-russische gesellschaftliche Zusammenarbeit sind derzeit vakant, weil die Union seit Wochen erfolglos nach geeigneten Kandidaten sucht.

Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen hatten Merkel und Steinmeier nach Angaben aus Unionskreisen vereinbart, dass die Union das Vorschlagsrecht für beide Funktionen erhält. Teile der SPD-Fraktion halten die Entscheidung für falsch und beanspruchen den Posten des Menschenrechtsbeauftragten für die Sozialdemokraten, obwohl die SPD von sechs Beauftragten- Posten im AA schon vier stellt – die Beauftragten für Europa, Polen, Amerika und Frankreich.

Ende vergangenen Jahres verhandelten Merkel und Steinmeier ein kompliziertes Personalpaket, bei dem die Kanzlerin ein wichtiges Zugeständnis machte: Die Union akzeptierte den SPD-Vorschlag, den bisherigen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Klaus Scharioth, als Botschafter nach Washington zu schicken. Zuvor hatte die Union sich dagegen gesperrt, den angeblichen Helfer brachialer Schröder’scher Außenpolitik mit dieser zentralen Funktion zu betrauen.

Die Union will den Menschenrechtsposten nicht mit einem Mitglied der Bundestagsfraktion besetzen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Diese könnten entstehen, wenn der Beauftragte Entscheidungen kritisiert, denen er als Abgeordneter zustimmen soll. Die Chefaußenpolitiker der Union wollen nur von der eigenen Vorgabe abweichen, falls die Suche nach einem Kandidaten von außen ergebnislos endet.

Als aussichtsreicher Vorschlag gilt gegenwärtig in der Union der Berliner CDU-Politiker Günter Nooke, der bei der Wahl im September aus dem Bundestag ausgeschieden war und seither ohne Amt ist. Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler bringt als prinzipientreuer Politiker gute Voraussetzungen für die Aufgabe mit. Der frühere Bündnis-90-Landtagsabgeordnete in Brandenburg hatte seine Partei im Streit um die Stasi-Vergangenheit von Manfred Stolpe (SPD) verlassen und war später der CDU beigetreten.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, hat nach Informationen des Tagesspiegels den Anspruch der SPD auf das Amt intern schon gegenüber der Union deutlich gemacht. Seither wird ihm unterstellt, er selbst strebe den Menschenrechts-Posten an, was er bestreitet. Der bisherige Menschenrechtsbeauftragte Tom Koenigs (Grüne) ist inzwischen ausgeschieden, um UN-Beauftragter für Afghanistan zu werden.

Grünen-Parteichefin Claudia Roth forderte die Bundeskanzlerin mit Blick auf die im April beginnende sechswöchige Sitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf zu einer schnellen Entscheidung auf. „Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass der Posten ausgerechnet in dieser schwierigen Zeit vakant ist“, sagte Roth dem Tagesspiegel. „Es reicht nicht, dass Frau Merkel als Jeanne d’Arc der Menschenrechte durch die Welt reist, wenn sie gleichzeitig die Instrumente der Menschenrechtspolitik in Deutschland eklatant vernachlässigt.“ Roth war von 2003 bis 2004 selbst Menschenrechtsbeauftragte.

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