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Deutschland: Warum sollen wir uns für Afrika interessieren?

Die Antworten der Parteien im Bundestag

CDU/CSU: Hartwig Fischer

Vorsitzender der Parlamentariergruppe West- und Zentralafrika

Bei der gegenwärtigen Afrika-Strategie handelt es sich um eine Partnerschaft auf Augenhöhe, ohne Probleme auszublenden. Wir bemühen uns, Staaten durch Unterstützungen zu stabilisieren, weil wir Interesse daran haben, dass die Menschen in ihren Ländern eine eigenverantwortliche Lebensperspektive haben. Ansonsten wird die Migration nach Europa explosionsartig fortschreiten.

Wir haben außerdem ein Interesse daran, dass Rohstoffe fair und zu Welthandelspreisen verkauft und nicht gegen Waffen getauscht werden.

Die Mittel zur Förderung von Good Governance sind gut angelegt, weil sie beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen helfen. Wir als CDU sagen aber klar: Nur dort gibt es Budgethilfe, wo ein deutlicher Weg zu Demokratie und einem durchsichtigen Haushalt erkennbar ist.

SPD: Herta Däubler-Gmelin

Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte

Viele Länder Afrikas leiden unter großen Problemen, die sich vielfältig auf Europa auswirken: in den Bereichen Sicherheit, Migration, aber auch Klimawandel. Europa und Deutschland brauchen einen Nachbarn Afrika, der seine Probleme löst und als Partner zur Verfügung steht. Kooperation aus Europa ist verstärkt erforderlich, allerdings nicht nach besserwisserischer Gutsherrenart.

Die Bundesregierung hat ihre humanitäre Hilfe deutlich angehoben; sie verbindet Entwicklungszusammenarbeit, Sicherheitskooperation und Unterstützung beim Aufbau und bei der Stärkung von tragfähigen Institutionen miteinander.

Good Governance, also die Überwindung der entsetzlichen Armut, eine rechtsstaatliche und an Menschenrechten orientierte Regierung und der Kampf gegen Korruption sind unverzichtbare Elemente jeder Entwicklung.

Linke: Monika Knoche

Stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag

Deutschland hat keine eigenständige Afrikastrategie, sondern ist als europäischer Player im Verbund der ehemaligen Kolonialmächte zu identifizieren. Seine Afrikapolitik ist nicht bestimmt durch die Situation vor Ort, sondern zielt in erster Linie darauf, die internationalen Einflusssphären der EU auszubauen – in Konkurrenz zu den USA und zu China.

Projektförderungen helfen nicht, die Daseinsvorsorgeverpflichtung der Staaten auszubauen, im Gegenteil. Aber auch die Budgethilfen sind problematisch, solange die europäische Wirtschaftspolitik und die in ihr fest verankerte neoliberale Ideologie eigenständige Entwicklungswege für Afrika abschneiden. Ganz wichtig wäre es, dass Deutschland sich für einen Sitz Afrikas im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einsetzt, anstatt ihn für sich selbst zu beanspruchen.

FDP: Werner Hoyer

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag

Die deutschen und europäischen Interessen werden unterschätzt. Afrikanische Staaten könnten wichtige Wirtschaftspartner sein: Besonders im Hinblick auf Rohstoffreserven wäre Deutschland gut beraten, Afrika als Wirtschaftspartner ernst zu nehmen – bevor es zum „Ausverkauf“ an China, die USA und andere kommt. Rückgang des Hungers ist zu verzeichnen, wo die Prinzipien von Marktwirtschaft und Freihandel umgesetzt werden.

Das Problem der Afrikapolitik ist, dass wir massenhaft Geld über den Kontinent verteilen, ohne dessen Verwendung genau zu überwachen und Einfluss auf die politischen Rahmenbedingungen zu nehmen. Als in Kenia einen Tag nach den gefälschten Wahlen Regierungs- und Oppositionsanhänger anfingen, aufeinander loszugehen, hat die EU 46 Millionen Euro an die Regierung überwiesen. So darf es nicht laufen.

Grüne: Thilo Hoppe

Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Bundestags

Deutschland verfolgt in Afrika sehr unterschiedliche Interessen: Lobbyistengruppen beeinflussen verschiedene Ministerien in ihrem Sinne. Natürlich ist Deutschland daran interessiert, möglichst günstig an Rohstoffe aus Afrika zu kommen, und gewisse Unternehmen erhoffen sich einen leichteren Zugang zu den Wachstumsmärkten Afrikas. Es gibt aber auch bei uns Regierungsvertreter und viele NGOs, die fest davon überzeugt sind, dass es auch im Eigeninteresse Deutschlands liegt, die afrikanischen Staaten darin zu unterstützen, die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen und einen Beitrag dazu zu leisten, die Erderwärmung zu begrenzen.

Eine „deutsche Strategie“ in Afrika gibt es nicht. Verschiedene Akteure – auch in der Bundesregierung – ziehen zwar an einem Strang, aber in verschiedene Richtungen. mga

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