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Parteitag: Künast und Trittin sollen Grüne im Wahlkampf 2009 führen

Auf ihrem Parteitag in Erfurt bestimmt die Ökopartei die Ex-Minister Renate Künast und Jürgen Trittin zu ihren Spitzenkandidaten. Inhaltlich wird unter anderem die Abkehr vom strikten Nein gegen Militäreinsätze beschlossen.

Von Hans Monath

Den ersten Bundestagswahlkampf nach dem Rückzug von Joschka Fischer bestreiten die Grünen mit Renate Künast und Jürgen Trittin als Spitzenkandidaten. Auf dem Parteitag in Erfurt stimmten am Sonntag 92 Prozent der Delegierten für das Tandem, das ohne Gegenkandidaten angetreten war. Es war das erste Mal, dass ein Grünen-Parteitag über diese Funktion abstimmte. Die Entscheidung für die Vorkämpfer des Wahlkampfs 2009 geriet nicht zur Konkurrenz der beiden Grünen-Politiker, da der Parteitag über beide Kandidaten in einem Wahlgang abstimmte.

Künast ist eine von zwei Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Grünen, Trittin einer ihrer Stellvertreter. Beide Kandidaten waren Bundesminister in der Regierung Fischer/Schröder. Künast leitete das Ende 2000 neu geschaffene Verbraucherministerium, Trittin war im Umweltministerium führend an den Verhandlungen um den Atomausstieg beteiligt. Während der Niedersachse Trittin als eine wichtige Führungsfigur der Parteilinken agiert, wird die Berlinerin Künast dem realpolitischen Flügel zugerechnet. Den Anspruch, die Partei im Sinne dieses Flügels programmatisch weiterzuentwickeln, erhebt sie aber nicht.

Beide Kandidaten forderten ihre Partei zu mehr Selbstbewusstsein auf und gingen mit der Politik der großen Koalition hart ins Gericht. „Das ist eine Regierung der Banker und nicht der Menschen“, rief Künast in ihrer Bewerbungsrede. Darin sprach sie sich für einen radikalen Umbau der Industriegesellschaft aus. Auch die Finanzmarktkrise sei nur lösbar, wenn die Strukturen der Wirtschaft im Sinne einer ökologischen Wende verändert würden, meinte die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion. „Unsere Themen für 2009 werden sein: Klimagerechtigkeit und Freiheit“, kündigte die Berliner Politikerin an. Dazu gehöre sowohl der Kampf um mehr soziale Gerechtigkeit, um eine umweltfreundliche Energiepolitik, um den Schutz bürgerlicher Freiheiten als auch um die Rechte von Minderheiten.

Scharf ging Künast mit dem Wunsch der Autoindustrie nach staatlicher Unterstützung ins Gericht. Diese hätte die Gelegenheit versäumt, rechtzeitig auf ökologischer Produkte umzusteigen. Es sei eine „Unverschämtheit“, dass die Automobilhersteller nun den Steuerzahler für ihre „Spritfresser und Schrottkisten zur Kasse bitten“. Von der Bundesregierung forderte Künast die Bereitschaft, Gefangene aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo aufzunehmen. Deutschland müsse helfen, dass das „Symbol des Unrechts“ geschlossen werde.

Auch Trittin forderte kämpferischen Einsatz der Partei im kommenden Jahr. Der Ex-Minister sprach Union, SPD, FDP und Linkspartei die Fähigkeit ab, in der Krise die richtigen Antworten zu geben. „Das können nur wir“, meinte er. Die Grünen hätten sowohl in Gesellschaft wie in der Bundesregierung schon bewiesen, dass sie „eine andere Welt durchsetzen können“. In Anspielung auf das Konjunktur- und Beschäftigungsprogramm der US-Regierung in der Zwischenkriegszeit forderte Trittin einen „Green New Deal“. Unter dieser Überschrift hatte der Parteitag am Tag zuvor ein milliardenschweres Investitionsprogramm für Umweltschutz, für bessere soziale Absicherung, für den Ausbau ökologischer Verkehrssysteme und für ein besseres und gerechteres Bildungsprogramm beschlossen.

Mit großer Mehrheit besiegelten die Grünen am Sonntag zudem die Abkehr von ihrem strikten Nein zu Militäreinsätzen. Unter dem Dach der UN werden sie jetzt in Ausnahmefällen als zulässig erachtet. Vorrang hätten aber immer zivile Konfliktlösungen. Außerdem forderten die Grünen die Abschaffung der Wehrpflicht und eine Verkleinerung der Bundeswehr.

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