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Dalai Lama in Deutschland

© dpa

Deutschlandvisite: Besuch des Dalai Lama sorgt für Turbulenzen

Die Visite des Dalai Lama in Deutschland führt zu heftigen Verwerfungen. Sollen ihn die Politiker empfangen oder nicht? Die Chinesen haben bereits Protest angekündigt. Ganz unschuldig sind die Tibeter an dem Streit allerdings nicht.

Der Dalai Lama weiß, dass Bescheidenheit eine Zier ist. Wo immer er zu Besuch sei, wolle er "keine Unannehmlichkeiten bereiten", ließ das geistliche Oberhaupt der Tibeter zum Auftakt seines Besuches in Deutschland verlauten. Dabei dürfte ihm kaum entgangen sein, dass die Visite zu heftigen innenpolitischen Verwerfungen geführt hat. Ganz unschuldig daran sind die Tibeter nicht: Schließlich heizte die Tibet-Initiative Deutschland den Konflikt zwischen den Koalitionspartnern in Berlin noch an, in dem sie gemeinsam mit Vertretern der Union deutliche Kritik übte, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein Treffen mit dem Dalai Lama abgelehnt hat.

Der Streit zwischen Kanzleramt und Außenministerium beim Thema China schwelt seit langem. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in diesem Fall große Gesten schätzt und den Dalai Lama vergangenes Jahr demonstrativ empfing, setzt Steinmeier auf die Politik ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD). Die China-Politik Steinmeiers orientiere sich "an langen Linien" und habe die "Stabilität Chinas im Auge", sagte SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow, der sich zur Zeit in Peking aufhält, in einem Zeitungsinterview.

Wieczorek-Zeul will den Dalai Lama privat treffen

Nun hat die SPD noch ein zweites Problem: Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) will den Friedensnobelpreisträger treffen. Wieczorek-Zeul sehe den Dalai Lama privat, nicht als Ministerin, sagte Kolbow. Angeblich war weder die SPD-Bundestagsfraktion noch der Außenminister, der in Russland weilt, über das Vorhaben der Ministerin informiert.

Bislang stehen nur die "üblichen Verdächtigen" auf der Gesprächsliste des sanften Tibeters. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), ein langjähriger Freund des Dalai Lama, traf ihn gleich nach seiner Landung in Frankfurt. Danach sprach der 72-Jährige in Bochum mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Kritik an Bundespräsident Horst Köhler, der dem Dalai Lama aus Termingründen absagte, gab es aus der Union nicht. Ebenso ist Merkel außen vor, schließlich befindet sie sich auf einer Lateinamerikareise.

"Gute CDU, böse SPD"

Auch der Dalai Lama macht bei dem Spiel "Gute CDU, böse SPD" munter mit. Es sei "sehr couragiert" von der Kanzlerin gewesen, ihn im vergangenen September offiziell im Bundeskanzleramt zu empfangen, sagte der Mann mit dem beständigen Lächeln dem Internetportal von "Bild". Er habe sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass sich aus dem Treffen mit ihm für die Kanzlerin "danach einige Komplikationen" ergeben hätten.

Der Empfang des Tibeters im Kanzleramt hatte aus Sicht des Auswärtigen Amtes vieles von dem kaputtgemacht, was in mühseliger Kleinarbeit mit Peking erreicht wurde. Die Chinesen sagten bereits vereinbarte Gespräche ab, der Rechtsstaatsdialog zwischen beiden Staaten geriet ins Stocken.

China will protestieren

Der für Montag geplante Empfang durch die Entwicklungsministerin könnte ähnliche Folgen haben. "Wir sind dagegen, dass ein deutsches Regierungsmitglied den Dalai Lama empfängt und dass Deutschland ihm überhaupt die Einreise erlaubt", sagte Junhui Zhang von der chinesischen Botschaft in Berlin und kündigte Protest im Auswärtigen Amt an.

Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich nahm Wieczorek-Zeul dagegen in Schutz. Es gebe kein "Sprechverbot", sagte er einer Zeitung. Im übrigen werde der Besuch des Dalai Lama "mehr und mehr innenpolitisch instrumentalisiert". Es gehe nicht mehr um Tibet, "sondern darum, wie sich der Außenminister verhält".

Unterstützung für Steinmeier kam überraschenderweise von einem CDU-Politiker, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung. Zwar habe er sich ein Treffen des Außenministers mit dem Dalai Lama gewünscht, sagte Günter Nooke in einem Zeitungsinterview. "Aber aus dem Umstand, dass er dies nicht tut, zu folgern, der Außenminister unterstütze die tibetischen Anliegen nicht, wird seinen Bemühungen nicht gerecht." 

Anke Landmesser (AFP)

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