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DGB-Bundeskongress: Merkel lehnt Mindestlohn ab

Angela Merkel hat bei ihrer Rede auf dem DGB-Kongress Beifall, aber auch Buh- Rufe geerntet. Der Gewerkschaftsforderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro erteilte die Kanzlerin eine klare Absage.

Berlin - Einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro «halte ich nicht für richtig», denn er führe nicht zu mehr Arbeitsplätzen, sagte Merkel am Mittwoch vor den 400 Delegierten des DGB-Bundeskongresses in Berlin. Sie stehe dem Thema aber grundsätzlich offen gegenüber.

Die Gewerkschaften befürworten einen Mindestlohn von 7,50 Euro. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, hielt Merkel entgegen, es gebe keinerlei Beweis dafür, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze zerstörten. «Das Argument können wir nicht gelten lassen», sagte er und verwies auf Frankreich, wo Beschäftigte künftig Anspruch auf mindestens 8,15 Euro pro Stunde haben.

Merkel betonte, wichtigstes Kriterium in der Diskussion um Mindest- oder staatlich bezuschusste Kombilöhne sei, dass mehr Menschen in Arbeit kämen. Dazu bietet ein Kombilohn für unter 25-Jährige und über 50-Jährige nach ihrer Einschätzung mehr Chancen.

Bei ihrer Rede, bei der sie sich für starke Gewerkschaften aussprach und eine «gemeinsame nationale Kraftanstrengung» aller gesellschaftlichen Gruppen forderte, erntete Merkel mehrmals Buh-Rufe und Pfiffe. Es führe bei den Sozialsystemen kein Weg an Strukturreformen vorbei, sagte sie. Dazu gehöre auch die Rente mit 67.

Einigkeit über Zustand des Ausbildungspaktes

Beifall erhielt die Kanzlerin allerdings, als sie einräumte, dass der Ausbildungspakt von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Regierung in einem nicht zufrieden stellenden Zustand sei. 40 Prozent der Arbeitslosen seien ohne Ausbildung, sagte sie. Sommer sprach in diesem Zusammenhang von einem Skandal und forderte die Bundesregierung zum Handeln auf.

Die auch von den Gewerkschaften kritisierte Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Punkte auf 19 Prozent im kommenden Jahr streifte sie nur am Rande. Sie wisse, dass die Bundesregierung den Bürgern mit ihren Spar- und Steuergesetzen sehr viel abverlange. «Sparen tut weh.» Aber «wir müssen unsere Haushalte sanieren».

Zur Eröffnung des Gewerkschaftskongresses hatte Bundespräsident Horst Köhler am Montag die Steuer- und Finanzpolitik der großen Koalition kritisiert. Er verlangte, dass die zusätzlichen Einnahmen aus den Steuererhöhungen hauptsächlich in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen sollten und damit zur Schaffung neuer Arbeitsplätze dienten.

Künast wirft der Regierung "Steuerchaos" vor

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Bundesregierung am Mittwoch in ihrem Grußwort vor, das bislang «größte systematische Steuerchaos» zu verantworten. Die höhere Mehrwertsteuer treffe «mal wieder die Kleinen» und werde letztlich zu «einhundert Prozent» zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt.

Zur Mitbestimmung in den Betrieben sagte Merkel, sie müsse an europäische und internationale Regelungen angepasst werden. Sommer warnte, die Gewerkschaften würden sich einem Abbau an Mitbestimmung «in den Weg stellen».

Nach Einschätzung der neuen DGB-Vize Ingrid Sehrbrock ist die CDU inzwischen wieder von neoliberalen Inhalten abgerückt. «Im Moment bewegt sich die Partei wieder zur Mitte», sagte die CDU-Gewerkschafterin im Bayerischen Rundfunk. Im NDR Info fügte sie hinzu, sie wolle Gewerkschaftspositionen in die Union hineintragen, zum Beispiel das Thema Mindestlohn.

Zu den Vorstandswahlen vom Vortag meinte sie im WDR, es sei zwar gut, dass die neue DGB-Spitze das gesamte politische Spektrum abbilde. Allerdings sollte man diese Konstellation als Signal an die große Koalition «nicht so hoch spielen».

Sehrbrock hatte sich in einer Kampfabstimmung gegen die bisherige Vize-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer durchgesetzt. Sommer musste mit 78,4 Prozent Zustimmung einen Dämpfer hinnehmen. Er sehe sich aber keinesfalls geschwächt, sagte er im Fernsehsender Phoenix. (tso/dpa)

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