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Politik: Diäten-Nachschlag war nicht vorgesehen

Parteienkritiker von Arnim wirft der Koalition vor, Bezüge entgegen den eigenen Vorgaben zu erhöhen

Berlin - Der Parteienstaatskritiker Hans Herbert von Arnim wirft der großen Koalition vor, durch die zusätzliche Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten zum Januar 2009 gegen die eigenen Vorgaben aus dem vorigen Jahr und gegen das Abgeordnetengesetz zu verstoßen. Union und SPD betrieben eine „gezielte Täuschung der Öffentlichkeit“, schrieb von Arnim, Professor an der Verwaltungshochschule Speyer, am Freitag in der „Frankfurter Rundschau“. Er verwies darauf, dass bei der Verabschiedung der zweistufigen Erhöhung der Abgeordnetenbezüge für 2008 und 2009 im vorigen Herbst ausdrücklich vorgesehen war, keine weiteren Erhöhungen vor 2010 vorzunehmen. Auch sei die Kopplung der Diäten an die Entwicklung der Beamtenbesoldung nach dem Abgeordnetengesetz ausdrücklich erst für „spätere Anpassungen“ vorgesehen. „Wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, meinen die Politiker offenbar, die gesetzlichen Vorgaben in den Wind schlagen und Scheinargumente vorschützen zu können“.

In der Tat war die Anhebung um 329 Euro (oder 4,5 Prozent) zum 1. Januar 2009 im vorigen Jahr damit begründet worden, dass damit „auch die voraussichtliche Steigerung der durchschnittlichen Erwerbseinkommen bis zur nächsten Anpassung der Abgeordnetenentschädigung frühestens im Jahre 2010 berücksichtigt“ sei. Dennoch will Schwarz-Rot die Monatsentschädigung der Abgeordneten nun im Januar nochmals um 278 Euro auf dann 7946 Euro zu erhöhen. Damit würde das Einkommen der Abgeordneten 2009 um 8,1 Prozent steigen. Begründet wird dies mit dem jüngsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst des Bundes, den der Bundestag selbst beschlossen hat. Nach dem Abgeordnetengesetz soll sich die Entschädigung an den Monatsbezügen von Bundesrichtern und Bürgermeistern von Mittelstädten orientieren. Diese „Orientierungsgröße“ sollte mit der Entscheidung vom Herbst 2007 nach einigen Nullrunden der Abgeordneten in den Jahren zuvor erreicht werden.

Aus den Fraktionen von CDU/CSU und SPD gab es am Freitag keine Stellungnahme zu von Arnims Vorwürfen. Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, sagte dem Tagesspiegel: „Die Koalition folgt der Logik eines Gesetzes, das die Grünen abgelehnt haben.“ Er kritisierte vor allem, dass Union und SPD nun die nochmalige Steigerung der Diäten mit Argumenten begründeten, die sie für Empfänger von Arbeitslosengeld II und beim Mindestlohn nicht gelten ließen.

Für Dagmar Enkelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Links- Fraktion, beruht die Übertragung der erhöhten Beamtenbesoldung auf die Bundestagsabgeordneten „auf einer Lüge – auf der, dass sich die Diäten jetzt angeblich eins zu eins nach der Entwicklung der Bezüge von Richtern oder Wahlbeamten richten“. Beschlossen habe die Koalition aber, dass sich die Diäten an diesen Bezügen orientieren sollten. „Orientierung setzt Augenmaß voraus. Das ist der Koalition abhanden gekommen.“

Der Parlamentsgeschäftsführer der FDP, Jörg van Essen, meinte: „Jetzt rächt sich für die große Koalition die verhängnisvolle Koppelung der Diäten an die Beamtengehälter. Die FDP hat hiervon nie etwas gehalten und sie deshalb immer abgelehnt. Abgeordnete haben ein freies Mandat und sind gerade keine Beamten. Wir brauchen endlich einen grundsätzlichen Systemwechsel bei der Abgeordnetenversorgung.“ Die FDP will die Diäten von einer durch den Bundespräsidenten berufenen Kommission festlegen lassen.

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