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Politik: Diäten-Urteil: Verfassungsrichter kappen Privilegien in den Parlamenten

Das Bundesverfassungsgericht hat Zulagen für Parlamentsabgeordnete eng begrenzt. In dem am Freitag verkündeten Urteil wurden höhere Diäten nur für Fraktionsvorsitzende der Landtage akzeptiert, nicht jedoch für deren Stellvertreter und für Ausschussvorsitzende.

Das Bundesverfassungsgericht hat Zulagen für Parlamentsabgeordnete eng begrenzt. In dem am Freitag verkündeten Urteil wurden höhere Diäten nur für Fraktionsvorsitzende der Landtage akzeptiert, nicht jedoch für deren Stellvertreter und für Ausschussvorsitzende. In Berlin sorgte die Entscheidung nicht für Aufregung. Fraktionschefs oder Ausschussvorsitzende erhielten keine Sonderzulagen, sagte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Reinhard Führer (CDU).

Grundlage der Entscheidung ist die Klage von zwei ehemaligen Grünen-Abgeordneten im Thüringer Landtag. Dort erhalten - wie in anderen Parlamenten - nicht nur die Fraktionsvorsitzenden, sondern auch deren Stellvertreter, die parlamentarischen Geschäftsführer und die Ausschussvorsitzenden höhere Diäten als die normalen Mandatsträger. Dieses Zulagensystem wurde nun für verfassungswidrig erklärt. Die Autonomie der Landesparlamente, zusätzliche Entschädigungen für Funktionsträger zu zahlen, werde durch das Grundgesetz begrenzt. Die dort garantierte Freiheit des Abgeordneten verlange, die Abgeordneten in Statusfragen formal gleich zu behandeln. Um das zu gewährleisten, müssten Zulagen auf "wenige politisch besonders herausgehobene Funktionen beschränkt" werden. "Innerparlamentarische Einkommenshierarchien" könnten es dagegen als erstrebenswert erscheinen lassen, Funktionen aus ökonomischen Gründen, unabhängig von politischen Intentionen und Kompetenzen, zu erstreben und gegenüber Konkurrenten zu behaupten. Gemessen an diesen Grundsätzen verstoße das thüringische Abgeordnetengesetz gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten, soweit über die Fraktionsvorsitzenden hinaus Zulagen gezahlt würden.

Sofort nach der Urteilsverkündung gab es Meinungsverschiedenheiten über die Tragweite der Entscheidung. Im Mainzer Landtag werden Zulagen an die Fraktionsvorsitzenden aus der Staatskasse, alle anderen Funktionszulagen aber über die Fraktionsgelder finanziert. Während der Prozessvertreter der thüringischen Kläger, Joachim Wieland (Uni Bielefeld), auch diese indirekte Zulagenfinanzierung eindeutig für unzulässig erachtete, bestritten die Vertreter von Rheinland-Pfalz dies. Das Bundesland müsse seine Gesetze nicht ändern. Der Speyerer Verwaltungswissenschaftler und Parteienkritiker Hans-Herbert von Arnim begrüßte das Urteil, weil damit ein Missbrauch beendet werde. Er sagte dem Tagesspiegel, die Entscheidung habe Auswirkungen auf Bundesebene, auch wenn sie formal nur für Thüringen gelte.

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