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Politik: Die Angst wächst

Großbritannien bereitet sich auf einen Anschlag vor – so gut es geht

Er kommt näher. Wer in diesen Tagen den Menschen in London in die Augen schaut, der erkennt fast schon Gewissheit. Die Anschläge auf britische Ziele in Istanbul haben den seit langem befürchteten Terroranschlag auf britischem Boden noch wahrscheinlicher werden lassen. Ein banges Warten ist ausgebrochen. Nach Informationen von Scotland Yard bereitet eine aus Nordafrika eingesickerte Terrorzelle einen Anschlag vor. Diese Zelle sei noch nicht identifiziert, sei aber unabhängig von den Verantwortlichen für die Anschlagserie in der Türkei. Die internationale Sicherheitsberatung Control Risk Group stellte London vergangene Woche in einer globalen Risikobewertung ganz oben auf die Liste. In Westeuropa sei London „das wahrscheinlichste Ziel“.

Londons Polizei hatte schon vor dem Besuch von George W. Bush die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen – und dabei bleibt es auch nach der Abreise Bushs. Die höchste Alarmstufe wird erst ausgerufen, wenn direkte Hinweise auf einen Anschlag vorliegen. „Wir haben in den letzten zwei, drei Monaten hart gearbeitet, müssen aber wachsam sein“, sagte Londons Polizeichef Sir John Stevens. In den vergangenen Monaten sollen zwei Anschläge auf Botschaften vereitelt worden sein.

London gibt sich vorbereitet. Seit den IRA-Anschlägen in den Neunzigern sind die Londoner terrorerfahren. Das Finanzviertel, wird seither von einem „ring of steel“ geschützt, zu dem auch verstärkte Polizeikontrollen gehören. Man spricht nicht viel darüber, aber Scotland Yard bestätigt, dass die Videokameras, die eigentlich die Straßenmaut in der Innenstadt überwachen sollen, auch für Sicherheitszwecke genutzt werden. Auch andere Stadtteile wie der Regierungsdistrikt wurden in regelrechte Festungen verwandelt. Vor gefährdeten Gebäuden wie dem Parlament wurden Betonsperren aufgestellt, dahinter stehen Polizisten mit Maschinengewehren. Die amerikanische Botschaft am Grosvenor Square ist seit zwei Jahren vom Straßenverkehr völlig abgeriegelt. Im September führte London als erste europäische Stadt eine Terror-Schutzübung durch, bei der ein Gasangriff in der U-Bahn simuliert wurde. Die britische Hauptstadt scheint vorbereitet zu sein. Doch Schatten-Sicherheitsminister Patrick Mercer warnte vor Selbstzufriedenheit. „Wenn die Regierung nicht weiß, wie viel Glück wir bisher hatten, dürften die Attacken vom Donnerstag das geändert haben.“

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