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Politik: „Die Armee will den Irak-Krieg nicht“

Der Militärexperte Korb über die gespaltene Stimmung in den USA

Herr Korb, ist ein Krieg gegen den Irak überhaupt noch zu verhindern?

Entscheidend ist, ob die Waffeninspekteure mit Hilfe westlicher Geheimdienstinformationen im Irak biologische oder chemische Kampfstoffe finden, für die Saddam Hussein keine hinreichende Erklärung hat. Wenn dieser Fall nicht eintritt und Saddam die Inspekteure weiter ihre Arbeit machen lässt, wird es sehr schwer für den Sicherheitsrat, ihm einen schwer wiegenden Verstoß gegen die UNResolution 1441 vorzuwerfen.

Aber hat sich die US-Regierung nicht längst entschlossen, den Irak anzugreifen?

Es ist bekannt, dass es innerhalb der Regierung Leute gibt, die diesen Krieg wollen, um Saddam loszuwerden. Vizepräsident Cheney etwa oder Verteidigungsminister Rumsfeld. Aber es gibt eben auch andere Stimmen, vor allem die von Außenminister Powell und einiger republikanischer Senatoren. Sie wollen, dass die Inspekteure ihre Arbeit zu Ende führen. Bisher ist Bush ihrem Rat gefolgt – und nicht seinem eigenen Instinkt. Er selbst hätte die UN wohl lieber draußen gelassen.

Wo steht das Militär?

Es ist nicht begeistert von der Aussicht, in den Krieg zu ziehen. Zwischen Rumsfeld und seiner Truppe gibt es harte Auseinandersetzungen deswegen. Die Militärs werfen Rumsfeld vor, ihre Ratschläge zu ignorieren. Sie sagen, dass er die Gefahren eines Krieges unterschätzt. Sie sind auch nicht einverstanden mit der Behandlung der Taliban-Häftlinge auf Guantanamo, denn sie befürchten, dass US-Soldaten in Gefangenschaft künftig ähnlich behandelt werden könnten. Rumsfeld glaubt, die Armeeführung denke einfach noch zu sehr in den Kategorien des Kalten Krieges und überschätze den Feind.

Wie beurteilen die Militärs die Lage?

Sie glauben, dass für einen Krieg gegen Saddam hunderttausende Soldaten nötig sind, und nicht ein paar tausend wie in Afghanistan. Anders als viele Politiker sind sie überzeugt, dass Saddam nicht wie die Taliban mit Hilfe von Spezialkräften und Bombardements vertrieben werden kann. Sie rechnen bei einem Angriff mit einer breiten Unterstützung für Saddam im Land. Deshalb will das Militär auch von Norden, Süden und Westen gleichzeitig in den Irak gehen. Voraussetzung dafür ist, dass Basen in den Nachbarstaaten genutzt werden können. Die Türkei und auch Saudi-Arabien werden ihr Territorium aber wohl nur zur Verfügung stellen, wenn es einen klaren Beschluss des UN-Sicherheitsrats für einen Angriff gibt.

Also lautet die Devise des Militärs: entweder ganz oder gar nicht?

Im Grunde hält die Armeeführung einen Krieg nicht für erforderlich. Sie glaubt, dass die Eindämmungsstrategie gut funktioniert hat. Das sieht übrigens auch die CIA so. Saddam ist weit davon entfernt, eine Atombombe zu besitzen. Wenn er jedoch durch Kriegsdrohungen unter Druck gerät, so die Befürchtung führender CIA-Leute, könnte er alles daran setzen, sich zu verteidigen.

Würde die amerikanische Bevölkerung einen Alleingang ihrer Regierung unterstützen?

Nach neuesten Umfragen befürwortet die Mehrzahl der Amerikaner einen Angriff nur, wenn er von der internationalen Gemeinschaft mitgetragen wird.

Wird das George W. Bush bei seiner Entscheidung beeinflussen?

Nein, das glaube ich nicht. Wenn es tatsächlich zu einem Krieg kommt, werden die Amerikaner allerdings hinter ihrem Präsidenten stehen. So oder so.

Das Gespräch führte Ulrike Scheffer.

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