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Die rechte Gesinnung des NSU-Terroristen Uwe Mundlos fiel schon während seiner Zeit als Wehrpflichtiger auf. Das Bild zeigt seinen Truppenausweis aus dem Jahr 1994.

© dpa

Die Braunen in Oliv: MAD-Mitarbeiter rügt früheren Umgang der Bundeswehr mit Rechtsextremen

Ein ehemaliger leitender MAD-Mitarbeiter rügt den früheren Umgang der Bundeswehr mit Rechtsextremen.

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Nach dem Verfassungsschutz rückt nun auch der Geheimdienst der Bundeswehr, der Militärische Abschirmdienst (MAD), im Zusammenhang mit den Taten des NSU in den Blickpunkt. Ein ehemaliger leitender Mitarbeiter des MAD hat im NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zugegeben, dass die Bundeswehr bis Ende der 90er Jahre nachlässig mit Rechtsextremen umgegangen sei. Der frühere Chef der Abteilung Rechtsextremismus beim MAD, Dieter Huth, sagte, er habe sich selbst häufig darüber geärgert, dass die Arbeit seiner Behörde folgenlos geblieben sei. „Das macht traurig“, sagte Huth. Aufgabe des MAD ist es unter anderem, Soldaten auf extremistische Einstellungen zu überprüfen.

Huth wurde von den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses als Zeuge vernommen, weil vor wenigen Wochen bekannt geworden war, dass der spätere NSU-Terrorist Uwe Mundlos bereits während seines Wehrdienstes in den 90er Jahren mit seiner rechten Gesinnung aufgefallen und vom MAD befragt worden war. Mehr noch. Nach Huths Angaben kam Mundlos auch als potenzieller Informant für den MAD infrage. Seine Bereitschaft dafür sei in der Vernehmung 1995 getestet worden. Huth berichtete aber auch davon, dass der MAD in dieser Zeit häufig Soldaten als Rechtsextremisten eingestuft und die entsprechende Stellen in der Bundeswehr darüber informiert habe. Was aber mit den Informationen passiere, befinde sich nicht im Einflussbereich des MAD. Bis zum Ende der 90er Jahre seien rechtsextreme Wehrpflichtige fast nie vorzeitig entlassen worden.

Die Sitzung des Untersuchungsausschusses wurde am Donnerstag unterbrochen, weil auf Antrag der Grünen eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu den NSU-Verbrechen abgehalten wurde. Dort herrschte bis kurz vor Schluss große Übereinkunft. Parteiübergreifend sahen viele Abgeordnete schwere Versäumnisse bei den deutschen Sicherheitsbehörden. Wolfgang Wieland (Grüne) sprach von einem „Totalversagen“. Auch Clemens Binninger (CDU) verwies auf schwere Fehler, die ihn fassungslos gemacht hätten. Nur einer schlug am Ende der Debatte einen anderen Ton an: Hans-Peter Uhl (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion.

Die Taten seien kein „Ruhmesblatt“ für die Sicherheitsbehörden gewesen, aber man müsse fair mit den Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden umgehen. „Ich warne davor, Polizei und Verfassungsschutz pauschal zu diffamieren“, sagte Uhl. Das werde nämlich permanent gemacht, sagte Uhl weiter. Weder die Sicherheitsbehörden noch der Staat seien auf dem rechten Auge blind. „Das war nicht so und das ist nicht so.“ Während nahezu alle Redner Reformen einforderten und mindestens eine bessere Kommunikation unter den Apparaten anmahnten, setzte sich Uhl für eine strikte Trennung von Ermittlungs- und Geheimdienstbehörden ein. Man brauche eine starke Polizei und einen starken Verfassungsschutz.

Selbst sein Parteifreund, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), sprach in seiner Rede von einer „kollektiven Fehleinschätzung der Sicherheitsbehörden“, die aufgeklärt werden müsse. Die im November 2011 bekannt gewordenen Verbrechen des NSU seien „ein Schock“ gewesen. Allerdings würden sich die Behörden jetzt mit „Hochdruck“ an der Aufklärung beteiligen und die Anklageerhebung gegen das NSU-Mitglied Beate Zschäpe sei ein Beleg dafür.

Bei der Anklage der Bundesanwaltschaft steht allerdings nicht nur Beate Zschäpe im Blickpunkt. Auch die vier mutmaßlichen Komplizen des NSU, Ralf Wohlleben, Carsten S., André E. und Holger G. sollen vor Gericht.

Dem ehemaligen NPD-Funktionär Ralf Wohlleben sowie Carsten S. wirft die Behörde vor, Beihilfe zum Mord an den neun Migranten „durch die Beschaffung der Tatwaffe Ceska 38 nebst Schalldämpfer“ geleistet zu haben, wie es in einer Mitteilung heißt. Mit der Pistole hatten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von 2000 bis 2006 in fünf Bundesländern neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen. Wohlleben ist der einzige mutmaßliche Komplize des NSU, der noch in Untersuchungshaft sitzt.

André E. ist angeklagt „wegen Beihilfe zum Raub und wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung NSU in jeweils zwei Fällen“ sowie wegen Beihilfe zum Sprengstoffanschlag auf ein iranische Geschäft in Köln. Dort hatten Mundlos und Böhnhardt oder nur einer von ihnen Ende 2000 in einer Dose einen Sprengsatz deponiert, der im Januar 2001 explodierte. Dabei erlitt die Tochter des Ladeninhabers schwere Verletzungen.

Holger G. wird Unterstützung des NSU in drei Fällen vorgehalten. Der Mann soll unter anderem an der Beschaffung einer Waffe für den NSU beteiligt gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft ermittelt zudem weiter gegen acht Beschuldigte, die den NSU ebenfalls unterstützt haben sollen. Möglicherweise sind diese Taten verjährt.

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