zum Hauptinhalt
Eine Lockheed Martin F-35 auf der ILA in Berlin.

© Axel Schmidt/REUTERS

Die Bundeswehr bekommt den US-Superjet F-35: Ein Tarnkappen-Bomber für den Atomeinsatz

Der modernste US-Kampfjet wird Nachfolger des betagten Tornado-Bombers. Damit ist endgültig klar: Deutschland bleibt Teil der nuklearen Abschreckung.

Von Robert Birnbaum

Karl Müllner kann sich noch im Nachhinein auf die Schulter klopfen. Der Luftwaffen-Inspekteur musste vor vier Jahren gehen, weil er der damaligen Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) den amerikanischen F-35-Jet als Ersatz für die Tornados der Bundeswehr öffentlich förmlich aufdrängte.

Jetzt bekommt die Luftwaffe den US-Kampfbomber frei Haus. Bis zu 35 Maschinen des Herstellers Lockheed-Martin soll die Bundeswehr nach einer Entscheidung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erhalten.

Dazu kommen 15 Eurofighter, die für den elektronischen Luftkampf aufgerüstet werden sollen.

Damit wird waffentechnisch nachvollzogen, was die Koalition in ihrem Vertrag und danach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung kurz nach Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine schon politisch festgeschrieben hatten: Deutschland bleibt Mitglied im Verbund der Nato-Staaten, die die nukleare Abschreckung mittragen.

Denn die F-35 ist nicht nur das modernste Kampfflugzeug der USA, sondern auch quasi vom Band weg dafür vorgesehen, Atombomben zu tragen.

Der Tarnkappen-Bomber ist sofort atomwaffenfähig

Die lagern – offiziell geheim - in Büchel in der Eifel. Aktuell sind die Tornados der Bundeswehr dafür vorgesehen, diese Bomben im Ernstfall einzusetzen. Aber nach mehr als 40 Jahren im Dienst soll der letzte der Jets spätestens 2030 ausgemustert werden.

Die F-35 kann die „nukleare Teilhabe“ nahtlos fortsetzen, anders als alternativ diskutierte Maschinen wie die ebenfalls amerikanische F-18 oder der Eurofighter, die eine langwierige Zertifizierung benötigt hätten.

Trotzdem schien die F-35 lange aus dem Nachfolge-Rennen ausgeschieden. Dahinter standen neben finanziellen auch industriepolitische Überlegungen.

Deutschland, Frankreich und die anderen Beteiligten wollten sicherstellen, dass die Neuanschaffung nicht die Entwicklung des europäischen Luftkampfsystems FCAS beeinträchtigt. Durch den geplanten 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds für die Bundeswehr erscheint die parallele Finanzierung aber jetzt gesichert.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen]

Mit der Entscheidung, die Wehrexperten im Parlament mitgeteilt wurde, endet zugleich einer der heftigsten und langwierigsten Streits um ein zentrales Rüstungsvorhaben.

Pazifisten gegen Realisten

Bei den Grünen, aber auch in der SPD-Linken gab es starken Widerstand gegen die Nuklearteilhabe. Die Befürworter verwiesen dagegen darauf, dass Deutschland sich damit das Mitspracherecht in der Nuklearen Planungsgruppe der Nato sichert. Seit Präsident Wladimir Putins verkappten Drohungen mit der russischen Bombe hat das Thema auf einmal sehr konkrete Relevanz bekommen.

Aus Sicht der Luftwaffe war die F-35 immer der ideale Tornado-Nachfolger. Die Maschine wird von vielen Nato-Staaten geflogen, darunter auch Polen als größtem östlichen Bündnispartner. Das erleichtert gemeinsame Einsätze enorm, weil Kommunikations- und Elektroniksysteme der Maschinen sich, wie es ein Pilot ausdrückt, „wie ein iPhone mit dem anderen“ verstehen.

Der US-Jet ist als Tarnkappenbomber konstruiert und für gegnerisches Radar zwar nicht völlig unsichtbar, aber doch nur mit erheblichem Aufwand aufzuspüren.

Allerdings verfügt er nicht über die Fähigkeiten für den elektronisch geführten Kampf gegen Luftabwehrstellungen, für die in der Tornado-Flotte bisher die ECR-Variante zuständig ist. Diese Maschinen, die etwa im Jugoslawien-Krieg im Einsatz waren, können Abwehrstellungen aufspüren und gezielt bombardieren.

Deshalb plant die Luftwaffe zusätzlich den Kauf von 15 Eurofightern. Auf die Maschinen des europäischen Airbus-Konzerns muss die entsprechende Technik allerdings erst angepasst werden.

Für die Ersatzbeschaffungen liegt bisher kein detaillierten Zeit- und Kostenplan vor. Die Entscheidung musste aber jetzt fallen, um erste Mittel freizugeben und rechtzeitig mit Hangars, Reparatur- und Wartungsstätten fertig zu werden, damit die F-35 ab 2027 eingeführt werden kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false