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Politik: Die CDU hat ein Papier zum Umbau vorgelegt, nur über die Finanzierung sagt sie nichts

"Verteidigungspolitik ist in umfassendem Sinne deutsche Interessenspolitik." Das könnte Rudolf Scharping auch nicht besser sagen.

Von Robert Birnbaum

"Verteidigungspolitik ist in umfassendem Sinne deutsche Interessenspolitik." Das könnte Rudolf Scharping auch nicht besser sagen. Aber die so spricht, ist Angela Merkel. Die designierte CDU-Chefin präsentiert sich am Dienstag einen Tag nach ihrer Nominierung auf ungewohntem Themenfeld - es geht um die Reform der Bundeswehr. Der zuständige Bundesfachausschuss der Partei hat dazu ein dünnes Papier vorgelegt, die zuständige Arbeitsgruppe der Fraktion ein dickes. Die Stoßrichtung ist die gleiche: Der Umbau der Bundeswehr dürfe nicht vom Sparplan des Finanzministers diktiert werden. Am Anfang, sagt der CDU-Wehrexperte Paul Breuer, müsse die Frage stehen, wofür die Bundeswehr gebraucht werde und was sie dazu an Personal und Ausrüstung benötige - dann erst dürfe man über Geld reden.

Was die Aufgaben angeht, steht nominell bei der CDU die Landesverteidigung weiter an erster Stelle. Die Bedrohungslage habe sich aber geändert; neue Gefahren vom Terrorismus bis zum Krieg der Computer-Viren erforderten neue Antworten. Das Hauptgewicht legen Merkel, Breuer und die Fachpolitiker Ruprecht Polenz und Friedbert Pflüger allerdings auf den Zusammenhang zwischen der außenpolitischen Rolle Deutschlands und der "operativen Handlungsfähigkeit" (Merkel) seiner Armee. Ohne eine auch international einsatzfähige Bundeswehr könne Deutschland sein politisches Gewicht in der Welt nicht halten, mahnt die Generalsekretärin.

Die von Finanzminister Hans Eichel (SPD) vorgegebene Senkung des Verteidigungsetats von rund 47 auf knapp 44 Milliarden Mark bis 2003 lehnt die CDU daher ab; sie fordert mehr Geld: 50 Milliarden Mark im Jahr 2003, 54 Milliarden im Jahr 2010. Darüber, woher diese Summen kommen sollen, mag sich die Opposition den Kopf nicht zerbrechen: "Wir sind jetzt hier nicht in Haushaltsverhandlungen", sagt Merkel.

Zweiter Fixpunkt im Bundeswehr-Konzept der Union ist das Festhalten an der Wehrpflicht. Die Argumente sind bekannt: Gesellschaftliche Verankerung der Armee, bessere Chancen, Nachwuchs für Zeit- und Berufssoldaten zu gewinnen, Zweifel daran, dass eine Berufsarmee wirklich billiger kommt. Zugleich halten die Wehrexperten der Union nichts von einer Kurz-Wehrpflicht: Mindestens neun Monate Grundwehrdienst müssten es schon sein, sagt Breuer - heute dauert der Dienst einen Monat länger. Vor allem aber will die Union die Anreize erhöhen, von dem schon bestehenden Angebot eines freiwilligen längeren Wehrdienstes von bis zu 23 Monaten Gebrauch zu machen. Dahinter steckt eine Struktur-Überlegung. Nach zwölf Monaten gilt ein Wehrpflichtiger als so weit ausgebildet, dass er auch in einen Auslandseinsatz gehen kann. Der Haken bei der Sache: "Anreize erhöhen" heißt im Zweifel schlicht "mehr Geld".

Aus all diesen Randbedingungen ergibt sich fast zwangsläufig die Forderung, dass die Bundeswehr ihre heutige Stärke von 340 000 Mann nicht drastisch einschränken kann. Breuers Arbeitsgruppe plädiert denn auch für eine 300 000-Mann-Truppe, davon 100 000 Wehrpflichtige. Um die Wehrgerechtigkeit nicht zu gefährden, denkt die Union an einen simplen Trick: Man könne ja durch strengere Maßstäbe an die Wehrtauglichkeit dafür sorgen, dass weiterhin alle jungen Männer gemustert, aber eine ausreichend hohe Zahl von den Ärzten für untauglich erklärt werde.

Auch das könnte durchaus von Scharping stammen, ebenso wie der dringliche Ruf nach mehr Investitionen in moderne Ausrüstung und Gerät. Aber die CDU mag nicht als heimliche Verbündete des SPD-Manns erscheinen: "Uns hilft nicht ein Verteidigungsminister in einer Regierung, die nicht macht, was er will", sagt Merkel.

Auf ungeteilten Beifall stößt das CDU-Papier allerdings nicht mal im Oppositionslager. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel hat ein CSU-Konzept angekündigt mit "eigenen Schwerpunkten". Die Kommentare aus der FDP fielen noch unfreundlicher aus. "Alles wie bisher - minus zehn Prozent", höhnte der FDP-Wehrexperte Günther Nolting: "Die CDU hat nichts begriffen."

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