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Politik: Die Chefs, die wir uns leisten

HOHE MANAGERGEHÄLTER

Was haben der Rennfahrer Michael Schumacher, der Banker Josef Ackermann, der Fußballer David Beckham und die Sängerin Madonna gemeinsam? In ihren Branchen sind sie die Stars. Und weil sie Stars sind, verdienen sie viel Geld. Mehr Geld, als man sich vorstellen kann, mehr, als man ausgeben kann. Jedenfalls aber mehr, als viele für richtig halten. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am Donnerstag in seiner Regierungserklärung die Millionengehälter von Managern angeprangert – und damit das weit verbreitete Gefühl bedient, dass Deutschlands Firmenchefs das Geld nicht verdienen, das sie bekommen.

Sie kassieren Millionen für eine Leistung, die irgendwie nicht mehr messbar ist. Kaum jemand könnte vernünftig begründen, warum Deutsche-Bank-Chef Ackermann mehr als doppelt so viel verdienen muss wie andere Bankmanager – außer, man erkennt an, dass Ackermann der einzige Star unter den deutschen Bankern ist und deshalb mit anderen Maßstäben gemessen werden muss. So, wie sich Infineon-Chef Ulrich Schumacher mit anderen Maßstäben gemessen sehen wollte – und am Ende an dieser Arroganz scheiterte.

Niemand regt sich über Spitzengagen und schlechte Manieren auf, wenn alles gut läuft. Als ärgerlich, ungerecht und unverschämt werden die Honorare dann empfunden, wenn Zweifel an der Leistung aufkommen. Wenn der Fußballer das Tor, der Tenor den Ton nicht mehr trifft. Wenn Bilanz und Aktienkurs nicht mehr stimmen, wenn die Belegschaften unnötig unter Druck gesetzt werden. Dann fragt man sich: Ist der Mann das Geld wert, das er bekommt? Und: Warum bekommt er es eigentlich immer noch?

Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Es gibt nur Mosaiksteine, die erklären, warum Managergehälter so krisenresistent sind. Und warum sich Vorstände von ihren Aufsichtsräten die Erhöhung der Bezüge absegnen lassen können, während sie gleichzeitig ihre Personalabteilungen anweisen, Verträge zu kündigen, Betriebsrenten zu kürzen und Sozialpläne zu verhandeln.

Es fehlt die Kontrolle. In den meisten Fällen ist es immer noch so, dass die Vorstände ihre Aufsichtsräte selbst vorschlagen – deshalb gehen die Kontrolleure nicht auf Konfrontationskurs. Auch dann nicht, wenn es nötig wäre. Selbst die Arbeitnehmeraufsichtsräte lassen sich von der Harmonie so beeindrucken, dass sie den Schecks zustimmen – und nur am Werkstor die Gier der Manager beklagen. Der Mannesmann-Prozess über die Millionenabfindungen nach der Vodafone-Übernahme liefert das Anschauungsmaterial: Man schwieg zur Selbstbedienung, damit es keinen Krach gibt.

Merkwürdig ist, dass vielen angestellten Managern das Gefühl für die eigene Glaubwürdigkeit abhanden gekommen ist. Die Stimmung bei den Mitarbeitern in deutschen Unternehmen ist im Keller, nur noch die Hälfte der Beschäftigten setze sich mit voller Kraft ein, hat das Meinungsforschungsinstitut Allensbach herausgefunden. Klar: Wenn der Marktwert von Managern in der Krise nicht sinkt – die Glaubwürdigkeit tut es. Mitarbeiter, die sich täglich sagen lassen müssen, dass sie zu teuer sind, finden es nicht fair, wenn ihre Chefs zur gleichen Zeit eine Gehaltserhöhung bekommen. Sie fühlen sich ungerecht behandelt.

Dann wird das Gehalt des Spitzenmanns zur Referenzgröße für den eigenen Lohnzettel. So, und nur so, bekommen Millionenbezüge eine moralische Dimension – und werden betriebswirtschaftlich zum Problem. Nicht, weil die Chefs zu viel Geld kosten. Sondern, weil sie zu viel Motivation kosten.

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